Sheldon hat recht

Von Friedhelm Vermeulen

Die Serie „The Big Bang Theory“ gehört zu den erfolgreichsten Comedy-Serien aller Zeiten. Mit der 12. Staffel wird sie allerdings ihr wohlverdientes Ende finden. „Young Sheldon“ ist ein Ableger dieses Erfolgs. Die Jugendzeit der Hauptfigur aus „The Big Bang Theory“, Sheldon Cooper, ist Gegenstand der Erzählung. Ein hochbegabter Junge, der immer recht hat und mit einem ausgeprägten Mangel an Sozialkompetenz ausgestattet ist, wächst in einer „typischen“ texanischen Familie auf (Mutter tief religiös, Vater Football-Coach). Die Serie spielt Ende der 1980er Jahre. In Episode 16 der zweiten Staffel, die derzeit bei „ProSieben“ ausgestrahlt wird, macht Sheldon Bekanntschaft mit dem Antikommunismus in den USA.

Und das kam so: Sheldon Cooper hält nichts von Veränderungen. Eine ihm sehr unliebsame Veränderung betrifft den Geschmack seines Pausenbrotes. Dem geht Sheldon auf den Grund und erfährt, dass die Bäckerei, die sein Pausenbrot herstellt, aufgekauft wurde und der neue Eigentümer „schneller und billiger“ produzieren lässt.

Sheldon wird aktiv, startet eine Unterschriftensammlung und erregt die Aufmerksamkeit des lokalen TV-Senders Kanal 7. Im Interview mit der Reporterin äußert er dann zu ihrem Entsetzen, dass es Konzernen nicht erlaubt sein sollte, solche Entscheidungen über die Produktion zu treffen: „Das wäre nicht passiert, wenn all diese Großkonzerne einer zentralen Kontrolle unterlägen.“ Auf die Nachfrage, ob er etwa eine kommunistische Regierungsform vorschlage, antwortet Sheldon: „Ich denke, ja“.

Die Familie, die bei Ausstrahlung vor dem Fernseher versammelt ist, bricht daraufhin in Panik aus: Die Oma fängt an, Fahne schwenkend im Vorgarten die Nationalhymne der USA in Dauerschleife zu trällern, und der Vater schmeißt sich und seinen Sohn in

patriotische Kleidung und verbietet Sheldon, weitere Stellungnahmen abzugeben. Sie wissen, was nun kommt – eine Welle des Antikommunismus. Dem Vater wird mit Kündigung gedroht, die Mutter muss sich vor ihrem Pastor rechtfertigen, weil Kommunisten ja nun bekanntermaßen Atheisten seien, und Sheldons vietnamesischer Schulfreund kriegt von seiner Mutter Kontaktverbot. Sheldons Bruder Georgie wird „Verräter“ genannt und aufgefordert, zurück nach Russland zu gehen. Er verbindet mit Kommunisten nur die Figur des Drago aus „Rocky IV“ und versteht die Aufregung nicht. Drago ist in dem Film ein 2-Meter-Hüne und wird als gedopte sowjetische „Kampfmaschine“ dargestellt – das Gegenteil seines schmächtigen Bruders.

Nur die Mutter verteidigt letzten Endes Sheldons Anliegen: „Mein Sohn wollte doch nur ein besseres Pausenbrot“, sagt sie. Darauf verzichtet Sheldon und hat gelernt, dass man in den USA besser auf gutes Brot verzichtet, bevor man versucht, die Ursachen für schlechtes zu beseitigen und dafür „Kommunist“ geschimpft zu werden.

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"Sheldon hat recht", UZ vom 1. März 2019



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