„Was verdienen Volkswagen-Manager?“ fragte der „Spiegel“ in seiner letzten Ausgabe. „Eine Tracht Prügel“, werden sich VW-Beschäftigte angesichts des von der Konzernleitung angekündigten Kahlschlags sicher denken. Der DAX-Konzern plant, drei Werke zu schließen und 30.000 Mitarbeitern zu kündigen. Wer nicht gehen muss, soll auf 10 Prozent seines Lohnes und auf die bei VW tariflich festgelegten Sonderzahlungen verzichten. Die Jobgarantie, die VW-Mitarbeiter seit 1994 vor betriebsbedingten Kündigungen schützt, soll ebenfalls wegfallen. Die Begründung: Die Personalkosten seien zu hoch.
Das trifft auf eine Gehaltsgruppe des Autobauers sicher zu. Oliver Blume, Chef der Volkswagen AG, bekam im vergangenen Jahr ein Gehalt von 10,32 Millionen Euro und ist damit der bestbezahlte Manager Deutschlands. Alle neun Mitglieder des VW-Vorstands zusammen strichen über 40 Millionen Euro ein.
VW ist hier kein Sonderfall. Im vergangenen Jahr haben die Vorstände von Deutschlands großen Börsenkonzernen so viel verdient wie nie zuvor. Dies, obwohl die deutsche Wirtschaft laut Internationalem Währungsfonds Schlusslicht beim Wachstum der Wirtschaftsleistung (BIP) ist. Die Vergütung der Vorstandsmitglieder der im DAX, MDAX und SDAX notierten Konzerne stieg im Geschäftsjahr 2023 im Schnitt um 11 Prozent, was einem Jahresgehalt von durchschnittlich 2,65 Millionen Euro entspricht. Das ergab eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, in der die Gesamtdirektvergütung aus Fixgehalt und Boni von Vorstandsmitgliedern, die das gesamte Geschäftsjahr im Amt waren, analysiert wurde.
Die Vergütung von Vorstandschefs wuchs dabei besonders kräftig – um 16 Prozent auf im Mittel gut 3,7 Millionen Euro. Bei den Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen waren es im Schnitt sogar 5,7 Millionen Euro. Im Gehaltsranking belegt Björn Gulden vom Sportartikelhersteller Adidas mit einer Vergütung von 9,2 Millionen Euro den zweiten Platz. Auf dem dritten Platz folgt Christian Sewing von der Deutschen Bank, der 9 Millionen Euro erhielt, so der Anlegerschutzverein DSW.
„Die sehr positive Gehaltsentwicklung vieler Vorstände im vergangenen Jahr mag auf den ersten Blick erstaunen, da die DAX-Unternehmen insgesamt eher stagnierende Umsätze und Gewinne verzeichneten“, so EY-Partner Jens Massmann bei der Vorstellung der Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der vergangenen Woche. Allerdings zeigen sich beim Blick auf die einzelnen Unternehmen große Unterschiede. Während einige Unternehmen mit starkem Gegenwind zu kämpfen hatten, erzielten andere hohe Gewinne. So profitierten Banken von gestiegenen Zinsen und Versicherer schrieben zur Freude der Aktionäre Rekordgewinne. Der Allianz-Konzern schüttete mehr als 4 Milliarden Euro an Dividenden aus. Übertroffen wurde dies noch von Daimler-Benz mit 5,3 Milliarden und BMW mit 4,4 Milliarden Euro. Und auch die Konzerneigentümer von VW können mit der Leistung ihrer Manager hochzufrieden sein. Während sich die Belegschaft um ihre Existenz sorgt, konnten sich VW-Aktionäre noch im Juni dieses Jahres über 4,5 Milliarden Euro Dividende freuen. Zwischen 2021 und 2023 schüttete VW – trotz damals schon absehbarer Krise – etwa 22 Milliarden Euro an seine Aktionäre aus.
Wer den Armen nichts nimmt, kann den Reichen nichts geben. Während die Dividendenausschüttung der DAX-Konzerne 2023 auf das Rekordniveau von 55 Milliarden Euro stieg, hat der Anteil der Menschen, die in Deutschland in Armut leben, mit 17,8 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2010 waren es noch 14,2 Prozent, so der aktuelle Verteilungsbericht der Hans-Böckler-Stiftung.
Die gute Nachricht zum Schluss. Es ist durchaus möglich, Gehälter von Managern zu kürzen. Dies zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig. Im Rahmen des im Dezember 2023 festgelegten Sparkurses entzog VW etwa 100 Ex-Führungskräften im Vorruhestand einen Inflationsbonus von 1.000 Euro und eine versprochene Gehaltserhöhung von 3,3 Prozent. Die ehemaligen Manager klagten – und verloren vor Gericht.