Heute Nacht ist unser Genosse Willi Gerns, der erst im Dezember seinen 90. Geburtstag feierte, verstorben.
Mit ihm stirbt eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg.
Geboren am 13.12.1930 in Hannover als Kind einer Arbeiterfamilie wurde Willi früh mit der Härte der deutscher Reaktion konfrontiert: Sein Vater, Mitglied der Roten Hilfe, wurde in das KZ Emsland deportiert.
Er selbst fand den Weg in die organisierte Arbeiterbewegung im Jahr 1949. Willi Gerns wurde Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FdJ) und der KPD. Für sein Engagement gegen die Wiederaufrüstung und für einen demokratischen Neuanfang bezahlte er wie viele andere einen hohen Preis: Unter Adenauer wurden tausende vermeintliche und tatsächliche Kommunisten weggesperrt:
Verurteilt von den Blutrichtern, die schon unter dem Hakenkreuz Urteile fällten. Gerns saß insgesamt 29 Monate im Gefängnis für Verstoß gegen das FdJ- und KPD- Verbot. Er nutzte die Zeit im Gefängnis für ein intensives Studium des Marxismus.
Nach seiner Haft ging er verschiedenen Berufen nach, unter anderem bei den Vereinigten Leichtmetallwerken in Hannover. Als Vorsitzender der Vertrauensleute rief er dort zu einem Warnstreik auf, was ihm erneute Haft wegen „Fortsetzung kommunistischer Tätigkeit“ einbrachte.
Im Anschluss studierte er zwei Jahre in Moskau. Später zog es ihn nach Bremen. Im Jahr 1968 wurde die Deutschen Kommunistische Partei (DKP) neukonstituiert und damit begann auch Willi Gerns Leben als „Berufsrevolutionär“.
Er wurde Sekretär des Parteivorstands der DKP und Mitglied im Präsidium, zuständig für marxistische Bildung und Theorie. Ausserdem gehörte er bis zu seinem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen dem Herausgeberkreis der Marxistischen Blätter an.
Gemeinsam mit Robert Steigerwald (24.03.1925 – 30.06.2016) veröffentlichte er zahlreiche Artikel und Bücher. Sie handeln vom Kampf um Frieden und Demokratie, der Frage nach Bündnissen, antimonopolistischen (also gegen Großkonzerne und Banken gerichtete) Reformen und der sozialistischen Revolution. Kurzum: wie kann eine revolutionäre Strategie in nichtrevolutionären Zeiten aussehen?
Es blieb aber nicht bei der theoretischen Arbeit. Für ihn, selbst aus der gewerkschaftlichen Praxis stammend, war es selbstverständlich, dass eine marxistische Theorie nur in einer revolutionären Praxis vorangetrieben werden kann. Bilder wie das hier verwendete vom Bremer Werftstreik 1983 zeugen davon.
Es wäre sicher in Willis Sinne, wenn wir an dieser Stelle auch dazu auffordern, sich weiter mit seinem Denken zu befassen. Gerade in Zeiten der reaktionären Offensive, also in Zeiten von Massenentlassungen, dem Abbau demokratischer Rechte und der steigenden Kriegsgefahr, fehlt jemand wie Willi Gerns.
Ihn zu lesen und gemeinsam zu diskutieren wird uns dabei helfen eine friedliche, demokratische und sozialistischen Alternative zu erkämpfen.
Wir drücken seinen Angehörigen und seiner Partei, der DKP, unser Beileid aus.
26. Januar 2021