Generell ist festzuhalten: Die Dichte inhaltlicher Diskussionen ist höher als noch vor einem Jahr in Augsburg. Das zeigte sich auch in der Diskussion um den Leitantrag, der trotz zahlreicher Änderungsanträge nicht wesentlich verbessert werden konnte. Konnte die Linksjugend bei der Einleitung noch einen klassenkämpferischen Ton durchsetzen, unterließ es die Mehrheit, diesem Ton dann auch die passenden Forderungen und Positionen an die Seite zu stellen. In der Frage von Krieg und Frieden ist „Die Linke“ näher an die NATO gerückt. Die moralisierenden Einschätzungen des Krieges in der Ukraine unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der anderen bürgerlichen Parteien: Schuld ist der Russe.
An vielen anderen Stellen bleibt die Orientierung des Leitantrags unklar. Zu viele Themen und Zustandsbeschreibungen, zu wenige Analysen und Positionen. Fast schon witzig, dass der Antrag einen ganzen Abschnitt dem Thema „Fokussieren“ gewidmet hat. „Wir werden gemeinsam entwickeln, welche Zuspitzungen wir bis zur Bundestagswahl und darüber hinaus in den Vordergrund stellen“, heißt es dort. Im gleichen Abschnitt verliert das Papier dann den Fokus, und befasst sich mit der „Ökonomie des Alltags“. Gemeint ist die öffentliche Daseinsvorsorge. Zum Abschluss folgt dann das Glaubensbekenntnis: „Wir versprechen, dass wir verlässlich gegen die unsoziale Politik der Regierung stehen werden.“ Amen!
Das Glaubensbekenntnis wurde mit einigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen. Aus Siegen folgte ein Geschäftsordnungsantrag für eine begrenzte Debatte. Ständig werde von „Erneuerung“ geredet, sollten Wahlkämpfe gestemmt werden, obwohl in vielen Orten noch nicht einmal mehr Mitgliederversammlungen zustande kämen. Der Delegierte nennt das „in Schönheit sterben“. Katina Schubert vom Parteivorstand ist dagegen. Schließlich wären 70 Kreise vom Karl-Liebknecht-Haus aus besucht worden, und jetzt habe man sich eine Pause verdient. Das sah der Parteitag genauso und lehnte eine Debatte über das „in Schönheit Sterben“ der Linkspartei ab.