Die Rede von Ines Schwerdtner wurde von zwei Höhepunkten eingeklammert. Vor der Parteivorsitzenden kam Gerhard Trabert auf die Bühne. Bei der Wahl zum EU-Parlament hatte er für „Die Linke“ kandidiert. Sein Auftritt als Gastredner: umjubelt. Mit dem „bewussten Verbreiten von Unwahrheiten und Lügen“ würden in dieser Zeit Wählerinnen und Wähler getäuscht. „Wir tun das nicht!“ Trabert verwies damit auf die allgegenwärtige Hetze gegen Bürgergeldbezieher und Asylbewerber. Er arbeitete sein sozialpolitisches Programm ab, rechnete gewohnt fundiert vor, wie wenig Geld arme Kinder zur Verfügung haben und empörte sich über die Ungerechtigkeit des Gesundheitssystems. „Bitte setzt euch dafür ein, dass die Menschen in Deutschland nicht früher sterben müssen, nur weil sie weniger Geld haben“, rief er den Delegierten zu. Der Applaus war ihm sicher. Standing Ovation, Lichtshow, Abgang.
Dann kam Ines Schwerdtner. Sie stieg mit einem Dank an Trabert ein. Er strebe nicht nach Macht, sondern nach Besserungen für die Menschen. „Du bist der, der einem Heiligen am nächsten kommt“, fischte sie noch ein bisschen etwas von Traberts vorhergehendem Applaus ab, bevor sie in eine eher dünne Rede einstieg. Wie van Aken betonte sie die Notwendigkeit des Zusammenhalts in der Partei. Dann lobte sie die Streitkultur des Parteitags.
Am Montag gehe es los mit der Vorbereitung des Bundestagswahlkampfes. Die CDU plane die größten Angriffe auf den Sozialstaat. Auch die Ampelregierung sei nicht besser. Sie „schafft es, in diese Krise hineinzusparen“. Grüne und SPD müssten sich vorwerfen lassen, dass sie sich nicht gegen die FDP wehren wollten oder könnten. „Wir sind die Verteidigerinnen des Sozialstaats“, setzt Schwerdtner dagegen. Den Satz werde sie bald in jedes Mikrofon sagen.
Schwerdtner machte den Rundumschlag: Krankenhausreform, Tarifrunde Öffentlicher Dienst, bevor sie ihr Augenmerk auf die Grünen richtete: „Für Bauchschmerzen könnte man sich Medikamente besorgen, wenn wir noch welche hätten in Deutschland“, kritisierte sie die weitgehende Abschaffung des Asylrechts unter Beteiligung der Grünen Partei. Die Grünen hätten ihre Ziele verraten und trieben die Militarisierung voran. Wer die Menschlichkeit verteidigen wolle, müsse sich „gegen die innere Zeitenwende“ stellen. „Ich grüße alle von der Grünen Jugend, die ihre Partei verlassen haben“, so Schwerdtner an dieser Stelle.
Und dann begrüßte Ines Schwerdtner ihn endlich, den schon von van Aken angekündigten besonderen Gast: Sarah-Lee Heinrich, frühere Vorsitzende der Grünen Jugend. Gemeinsam mit ihrem Bundesvorstand war sie bei den Grünen ausgetreten, um eine „linke Kraft“ aufzubauen. Die Delegierten kriegten sich vor Begeisterung kaum ein. Plötzlich schien da noch eine echte „Linke“ zu sprechen! Verteilungskämpfe zwischen Oben und Unten führen, Klassenstandpunkt – herrlich. Das kann doch eigentlich nur in der einen Ankündigung enden, oder?
Aber Heinrich erwies sich als Stimmungskiller. „Wir haben gerade eine Beziehung beendet“, erteilte sie der Mitgliedschaft in der Linkspartei eine Absage. Man müsse sich erst mal sortieren. Aber vielleicht – zwinkizwonki – könne man sich dann ja mal kennen lernen.