Auszubildende mit Behinderung

Schwierige Bedingungen

Von Christian Teichler

Junge Menschen mit Behinderung finden in der „freien Wirtschaft“ häufig keinen betrieblichen Ausbildungsplatz. Daher gibt es sogenannte „Maßnahmen zur Teilhabe am Berufsleben“, bei denen die Jugendlichen eine Ausbildung in einem Berufsbildungswerk machen. Diese Berufsbildungswerke sind Dienstleister der Bundesagentur für Arbeit und werden entsprechend finanziert.

Da diese Ausbildungszentren oft weit vom Wohnort entfernt liegen, werden die Auszubildenden in Wohnheimen untergebracht. Vorteile dieser Betriebe sind die gute Versorgung mit medizinischem, therapeutischen und sozialem Personal. Kantine, Schule, Ausbildungsplatz, Ärzte und Therapeuten sind unter einem Dach. Die dazu notwendigen Einrichtungen sind meist an die Betriebe angegliedert, auch das sichert ihnen zusätzliche Umsätze.

Doch wer in einer solchen Maßnahme landet, wird nicht selten in massive finanzielle Engpässe getrieben. Die Ausbildungsvergütung beträgt aktuell „bei Unterbringung in einem Wohnheim, einem Internat oder einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen 117 Euro monatlich“ für eine Vollzeittätigkeit. Das ist ein Stundenlohn von etwa 70 Cent.

Ein dauerhafter Aufenthalt in diesen Wohnheimen ist nicht möglich, es wird weiterhin ein fester Wohnsitz benötigt. Im Falle von Jugendlichen aus Familien, die Sozialleistungen beziehen, ist dies allerdings fatal. Denn Auszubildende, die in einer solchen Maßnahme sind, „haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II“, wie die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Sören Pellmann, Partei „Die Linke“, im April 2018 antwortete. Das bedeutet, dass die Familien keinen Mietzuschuss für die Auszubildenden erhalten, was dazu führen kann, dass den Familien der Verlust der Wohnung droht. Um dies abzuwenden, sehen häufig selbst die zuständigen Sozialarbeiter keinen anderen Ausweg für die Jugendlichen, als die Maßnahme zu beenden und die Ausbildung abzubrechen. Zwar schreibt die Bundesregierung dazu, man könne in besonderen Härtefällen „darlehensweise ergänzende Leistungen unter anderem zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung“ erhalten, doch das dafür notwendige Prüfverfahren nimmt einige Zeit in Anspruch. Und diese Übergangszeit ist häufig von den Betroffenen nicht finanzierbar.

Auf die Frage von Sören Pellmann, wie viele Jugendliche davon betroffen seien, gab die Bundesregierung an, sie habe „keine Kenntnis von der Zahl der betroffenen Leistungsberechtigten und Haushalte“.

Unabhängig davon birgt die Unterwerfung der Träger der Berufsbildungswerke unter die kapitalistische Logik ein großes Risiko, weil sie sich in wirtschaftlicher Konkurrenz gegenüberstehen. Das begünstigt natürlich die „schwarzen Schafe“ unter den Betreibern, die sich auf Kosten der Qualität der Ausbildung einen im Kapitalismus erstrebenswerten „Wettbewerbsvorteil“ verschaffen.

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"Schwierige Bedingungen", UZ vom 15. November 2019



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