Wehrbeauftragte auf Werbetour im Bundestag

Schwarzmalerei

Heute legte die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) turnusgemäß dem Bundestag ihren Jahresbericht für 2020 vor. Auf 150 Seiten geht es um den aktuellen Zustand der Truppe. Högl zeichnet ein eher düsteres Bild, zu dem ihr enthusiastischer Auftakt „65 Jahre Bundeswehr – das ist eine Erfolgsgeschichte“ so gar nicht passen will. Fehlende Einsatzbereitschaft, Ausbildungsdefizite, marode Mannschaftsunterkünfte, veraltetes Gerät allerorten. Die Anwerbung neuer Rekruten blieb weit hinter den Erwartungen zurück, immerhin habe die Bundeswehr im Berichtsjahr 1148 Jugendliche gewinnen können. Wählen dürfen sie noch nicht, töten und sterben schon.

Es ist Tradition der Wehrbeauftragten die Situation der Truppe mit düsteren Farben zu malen: Schon im Jahresbericht 2013 hieß es, die Bundeswehr sei an die „Grenze ihrer Belastbarkeit gelangt“. „Wir haben eben nicht genügend Personal, wir haben auch nicht genug Ausrüstung“, stimmte der damalige Wehrbeauftrage Hellmut Königshaus (FDP) die sich alljährlich wiederholende Wehklage an. Seit 2013 ist der Streitkräftehaushalt um 80 Prozent gestiegen. Und er wird angesichts des Einwerbens von weiteren Milliarden durch die Wehrbeauftragten auch in Zukunft steigen.

Eine „erfreuliche“ Entwicklung, wie die „Anwältin der Soldaten“ Högl feststellt. Ihre Ausführungen zum Thema „Material und Infrastruktur“ lesen sich wie eine nicht enden wollende Bestellliste an die deutsche Rüstungsindustrie. Vom neuen Gefechtshelm (90.000 Stück), über den modernen Transporthubschrauber STH, bis zu Korvetten vom Typ „K130“ für die Marine. Da wird nichts ausgelassen, die Wehrbeauftragte widmet der Frage, wie die Zusammenarbeit der Militärstäbe mit der „wehrtechnischen Industrie“ verbessert werden kann. Ausdrücklich begrüßt sie die Anschaffung von 38 neuen Eurofightern für 5,5 Milliarden Euro. Und fordert mit Nachdruck die Beschaffung bewaffneter Drohnen (Auftragswert 3,8 Milliarden Euro). Es gehe nicht an, dass die Bundeswehr ihren dringlichen Aufgaben „im Rahmen einer zu stärkenden Bündnis- und Landesverteidigung genauso wie die wachsenden Herausforderungen im Bereich der Auslandseinsätze“ nur unzureichend nachkomme. Zur Einsatzbereitschaft der Waffen trete stets die mentale Einsatzbereitschaft hinzu – „nicht nur kämpfen, sondern wissen wofür – das ist essenziell“. Und hier liegt nach der Einschätzung der SPD-Militärexpertin Einiges im Argen.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) meldete ihr für das letzte Jahr 477 neue Verdachtsfälle aus dem Bereich „Rechtsextremismus“ – ein rasanter Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Ganz zu schweigen von den Sachverhalten, die dem „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) zur Last liegen. Einen „Generalverdacht“ darf dies nach Högls Meinung indes nicht auslösen. Somit ist es für sie nur konsequent, von „Tendenzen“ und Einzelfällen zu sprechen. Die gemeldeten Verdachtsfälle harrten ihrer Auswertung. Bis dahin sei erklärtes Ziel, die „politische Bildung“ der Truppe zu forcieren. Staatsbürgerliche Schulungen sollen die Abtrünnigen wieder auf Kurs bringen. Aber auch hierzu müsse erst mal eine Erhebung in Auftrag gegeben werden, „ob und wie politische Bildung durchgeführt und praktiziert wird“. Das klingt nach viel Zeit, die vergehen wird. Personelle Konsequenzen ? Auch hier heißt es: Abwarten. Für das KSK wünscht sich die Wehrbeauftragte zum Sommer hin einen „Neustart“. Der läuft bereits: Die Elitetruppe ist unterwegs zum Hindukusch. Sie wird bis Ende September in Afghanistan den Abzug der 1100 deutschen Soldaten decken.

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