„Die Truppen der syrischen Regierung … sollen die Gebiete, aus denen wir uns zurückziehen, vor allem Manbidsch, vor einer türkischen Invasion schützen.“ Mit dieser Erklärung reagierten die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) auf die Verkündung des US-Rückzugs aus Syrien und die drohende türkische Offensive.
Anders als vor dem Kampf um Afrin verständigten sich Regierung und YPG schnell. Ein Konvoi mit Kämpfern der SDF verließ Manbidsch, um sich auf das Ostufer des Euphrat zurückzuziehen. Und im Gegenzug bezogen Einheiten der syrischen Armee Stellung um Manbidsch. Darüber hinaus übernahm die Regierung auch die Kontrolle über den wichtigen Staudamm von Tabqa.
Trump hatte sich offenbar entschieden. Nicht die kurdisch dominierten SDF, sondern die Türkei sollte zum besten Verbündeten der USA werden. Die SDF mussten sich neue Verbündete suchen.
Eine Delegation des „Demokratischen Rates Syriens“ (DRS), geführt von Ilham Ahmed, reiste nach Frankreich und bat um militärische und politische Unterstützung – bis zu einer Flugverbotszone. Auch Deutschland sollte sich für die Einrichtung einer Flugverbotszone stark machen.
Andere Vertreter der SDF suchen ein Abkommen mit der syrischen Regierung, das von Russland vermittelt werden könnte. Es sollte unabhängig davon sein, ob oder wann die US-Truppen abziehen würden.
Verhandlungen zwischen der Regierung und Vertretern des DRS gab es schon im Sommer. Damals führten die Gespräche zu keinem Ergebnis. Die Vertreter des DRS waren noch in einer starken Position: sie kontrollierten Öl- und Gasfelder und reiche landwirtschaftliche Gebiete – und sie hatten die Unterstützung von 2 000 US-Soldaten.
Nach dem angekündigten Rückzug der USA übergaben Vertreter des DRS an Moskau – wie schon einmal im Sommer – eine Roadmap, die eine Zusammenarbeit zwischen der syrischen Regierung und dem DRS beschreiben soll. „Das Ziel ist eine Übereinkunft mit der syrischen Regierung“, wie es der Unterhändler des DRS, Jia Kurd, nannte.
Die Hauptziele der Roadmap sollen – wie Reuters berichtet – die Grenzsicherung, eine faire Verteilung der Ressourcen und eine Übernahme der gegenwärtigen politischen Strukturen in die neu zu formende syrische Verfassung sein. Vorschläge reichen bis zu einer Übernahme von Einheiten der YPG in die syrische Armee.
Für die Grenzsicherung und die Verteilung der Ressourcen – das zeigen die Vorgänge um Manbidsch und den Staudamm bei Tabqa – sollten pragmatische Lösungen möglich sein. Und eine positive Zusammenarbeit in Manbidsch kann als Blaupause für weitere Gebiete dienen.
Welche Teile der gegenwärtigen Strukturen im Teil Syriens unter Kontrolle der SDF Eingang in eine neue syrische Verfassung finden können, ist schwer vorstellbar. Nicht nur „konservative Elemente“ in der syrischen Regierung, wie es Jia Kurd nannte, stehen dem im Weg. Auch die türkische Regierung und die auf die USA orientierten Kräfte innerhalb der SDF und dem DRS wollen ihre Interessen durchsetzen.
Trotz Rückzugs vom Rückzug der US-Truppen: an einer Einigung zwischen SDF und syrischer Regierung führt kein Weg vorbei.