Bürgerbegehren zur Rekommunalisierung der Schulreinigung in Berlin gestartet

Schule in Not

Von Rainer Perschewski

Dreckige Räume oder Toilettengeruch auf den Fluren: Die Sauberkeit in den Berliner Schulen ist immer wieder ein Thema. Inzwischen erklären Schülerinnen und Schüler, dass sie sich den Gang zum Klo während der Schulzeit verkneifen, weil es mit der Hygiene nicht auszuhalten sei. Der Zustand verschlechtert sich in regelmäßigen Abständen, nämlich immer dann, wenn die Leistungen neu „eingekauft“ werden müssen, also ausgeschrieben werden, und wieder das Billigste genommen werden muss. Das alles sind die Auswirkungen der Privatisierung der Schulreinigung, wovor von Gewerkschaften und Beschäftigten immer gewarnt wurde.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin machte das Problem deutlich: „Sechs Stunden für bis zu sechs Gebäude mit 14 Toiletten, die nicht ausreichend sind für 600 Benutzerinnen im Ganztag. Das ist nicht machbar für das Reinigungspersonal, möchte es seine Arbeit gründlich erledigen. Wie bei den Hausmeisterinnen ist auch bei der Reinigung zu beobachten, dass die Anzahl von Gebäuden und Flächen, die eine Reinigungskraft zu säubern hat, in den letzten Jahren gestiegen ist.“ Ein Neuköllner Hausmeister machte deutlich, dass im Durchschnitt die Reinigungskräfte nur 1,5 Minuten je Klassenraum zur Reinigung haben. Reinigungskräfte machen daher länger, weil es bei Beschwerden Druck vom Chef gibt, weiß die GEW zu berichten. Dagegen formierte sich jetzt in verschiedenen Stadtbezirken Berlins Widerstand von Schülerinnen und Schülern, Lehr- und Erzieherpersonal und Eltern. Aktionen und öffentliche Veranstaltungen wurden durchgeführt. In Berlin-Neukölln sind die Vorbereitungen für den Start eines Bürgerbegehrens zur Rekommunalisierung der Schulreinigung abgeschlossen und demnächst sollen mindestens 7 000 Unterschriften für das Begehren gesammelt werden. Ist das erreicht, kann die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Neukölln die Forderung übernehmen. Tut sie das nicht, wird ein Bürgerentscheid durchgeführt.

Zur Begründung erklären die Initiatoren: „Private Reinigungsdienstleister unterbieten sich gegenseitig im Konkurrenzkampf. Während die Eigentümer Gewinne abschöpfen, leiden die Reinigungskräfte unter einer enormen Arbeitszeitverdichtung. Innerhalb kürzester Zeit müssen enorme Flächen geputzt werden. Eine gründliche Reinigung ist unter diesen Bedingungen nicht möglich. Reinigungskräfte im öffentlichen Dienst werden tariflich beschäftigt und haben feste Arbeitszeiten. Die Kommunalpolitik hat einen Einfluss auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese bekommen einen Personalrat und können sich leichter gewerkschaftlich organisieren. Ihre Leistungsvorgaben unterliegen parlamentarischer und gewerkschaftlicher Kontrolle.“

Die Initiative „Schule in Not“ sieht die Probleme in den Schulen jedoch umfassend und nicht nur auf die Schulreinigung beschränkt. Sie tritt insgesamt ein für einen besseren Lern- und Arbeitsort in den Schulen. Dazu gehören die Themen Inklusion, Arbeitszeit und Quereinsteiger. Vor allem aber soll der vereinzelte Widerstand gegen Missstände zusammengeführt werden, um die Kräfte zu bündeln und gemeinsam die Ziele umzusetzen. Die GEW und der DGB-Kreisverband in Neukölln haben ihre Unterstützung zugesagt. Es formiert sich eine breite Bewegung von unten.

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"Schule in Not", UZ vom 7. Juni 2019



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