Zu US-Versuchen, China ökonomisch zu isolieren

Schüsse in beide Knie

Herumgesprochen hat sich inzwischen das desaströse Ergebnis der Versuche der deutschen Regierung, Russland ökonomisch zu ruinieren. Selbst der laut herausgetönte Totalverzicht Deutschlands auf russisches Gas und Öl floppt: Gas kommt veredelt als Düngemittel und Öl über Indien nach Deutschland. Den USA droht nun Ähnliches bei ihren Versuchen, China ökonomisch zu isolieren.

Im August veröffentlichte der Londoner „Economist“ eine umfassende Untersuchung über die Lieferströme zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Der direkte Handel sei zwar, wie von US-Präsident Joe Biden lauthals verkündet, drastisch zurückgegangen – unter anderem wegen der schon von seinem Vorgänger erhobenen Zölle gegen chinesische Produkte. Das Ergebnis, so die Londoner Ökonomen, sei aber „teuer und gefährlich“. Parallel zum Rückgang der Importe aus China seien die aus anderen asiatischen Ländern und auch Ländern in Osteuropa oder Mittel- und Lateinamerika gestiegen – bei Anstieg von deren Importen aus China. Chinas Exporte von Fahrzeugteilen nach Mexiko hätten sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt und entsprechende Zahlen aus Indien, Vietnam und anderen Ländern seien teilweise regelrecht „explodiert“. „Was ist da los?“ fragt das Blatt und gibt gleich die Antwort: „Chinesische Waren werden einfach neu verpackt und über ein Drittland in die USA exportiert.“

Das ist der erste Schuss in das eine eigene Knie. Der zweite Schuss tut noch mehr weh: Weil die Strafzölle gegen China nicht gegenüber Indien und andere gegen China hofierte Ländern gelten, bekommen die dortigen Unternehmer faktisch eine Extra-Gewinnmarge aus Washington geliefert: Bei einem 20-prozentigen Zoll können sie auf chinesische Waren 10 Prozent draufschlagen und in die USA importieren. Und so haben sowohl die chinesischen Unternehmen als auch die indischen etwas davon, wenn die US-Amerikaner für chinesische Waren nun mehr zahlen. Das Ergebnis ist, „dass die ökonomischen Beziehungen zwischen China und anderen in die USA exportierenden Ländern gestärkt werden“.

In treuer Gefolgschaft der USA wird die EU vermutlich demnächst nach der Einfuhr von Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge eine ähnliche Erfahrung machen: Der Renault R5 fährt mit einer chinesischen Batterie, die bald auf einen Verpackungskünstler wartet.

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"Schüsse in beide Knie", UZ vom 29. September 2023



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