Die Einführung der Grundrente, erinnern wir uns, ist zwar mit vielen Abstrichen beschlossen, ihre zügige Umsetzung aber scheitert an den mangelnden Kapazitäten bei der „Deutschen Rentenversicherung Bund“. Für ein anderes Rentenprojekt ist Geld da: Am 26. August hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Einführung einer digitalen Rentenübersicht beschlossen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll dafür eine „Zentrale Stelle für die Digitale Rentenversicherung“ geschaffen werden. Dort kann dann jeder, der das möchte, stündlich den Stand seiner Rentenversorgung abrufen.
Nun sagt eine alte Bauernweisheit: Vom vielen Wiegen wird das Schwein nicht fett. Die kennt vermutlich, weil er in dem kleinen Dorf Rötzum bei Peine aufgewachsen ist, auch Bundesminister Hubertus Heil. Warum also das Ganze?
Wer sich mit den Einzelheiten des Projekts befasst und das jahrzehntelange Drängen der privaten Versicherungskonzerne auf eine private Pflichtversicherung analog der Kfz-Versicherung kennt, kann sich die Antwort denken. Eingebunden in die erwähnte Stelle nämlich werden von Anfang an betriebliche und private Altersvorsorgespezialisten. Nach Abschluss des bereits in drei Monaten beginnenden Modellprojekts sollen auf der digitalen Plattform schon ab Oktober 2022 freiwillig und ein Jahr später verpflichtend alle Anbieter von privaten Riester- oder Rürup-Renten, Lebensversicherungen oder Betriebsrenten ihre Informationen anbieten.
Erklärtes Ziel sei es, so Heil, „Bescheid“ zu wissen. Der bisherige (kostenlose!) Versand einer offiziellen Renteninformation einmal im Jahr reicht nicht mehr. Der vom nervösen Blick auf das neue Portal ausgelöste „Rentenschock soll Altersarmut heilen“, jubelte einen Tag später auch die „FAZ“, lobte diese „sanfte Form des Paternalismus“ und zeigte sich zuversichtlich, dass es nach dem Schock gelingen könnte, die störrischen Bundesbürger zu „schubsen“, damit sie endlich mehr Lebensversicherungen abschließen. Klar wie Kloßbrühe ist: Nach der (von ihnen gerne eingegangenen) Verpflichtung von Allianz und Co. an dem Portal mitzuwirken, wird ab 2022 der Ruf lauter werden, nun auch sanften Zwang gegen die anzuwenden, die sehenden Auges auf eine Altersarmutslücke zusteuern. Nur ein leiser Zweifel regt sich selbst bei der „FAZ“: „Ob jeder die Mittel hat, sie zu füllen, ist eine andere Frage.“