Zu den ersten Amtshandlungen von Donald Trump

Schrill, brutal und isoliert

Kuba steht wieder auf der US-Liste der Staaten, die nach Auffassung Washingtons Terror fördern. Unter der Überschrift „Erste Rücknahme schädlicher Verordnungen und Maßnahmen“ hob Donald Trump noch am Tag seiner Amtseinführung die Anordnung seines Vorgängers Joseph Biden vom 14. Januar auf, die sozialistische Insel von dieser Liste zu streichen – kommentarlos und ohne Begründung. Die Streichung hatte sechs Tage angehalten. Die sechs Tage ohne Amok stehen symptomatisch für den Zustand des politischen Systems der USA: Es herrscht Willkür, nicht Recht. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Entstehen und Erhalt von Kapitalismus – Rechtssicherheit und politische Stabilität – schwindet, in Washington wie in Berlin oder Paris.

Am Tag seiner Amtseinführung hob Trump gleich 78 Dekrete aus der Amtszeit seines Vorgängers wieder auf und erließ weitere. Eine Liste des Grauens, die für die erwartete Rechtsentwicklung der Innen- und Außenpolitik steht. Im Innern: Massenhafte Abschiebung von Einwanderern, Abschaffung des Geburtsrechts, Vollzug von Todestrafen auf der einen und Begnadigung von rassistischen „Proud Boys“ auf der anderen Seite. Nach außen „wertebasiert“: Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler im Westjordanland werden aufgehoben, Entwicklungshilfen gestoppt, „bis die Effizienz und die Übereinstimmung mit der US-Außenpolitik beurteilt worden“ ist.

Der Immobilienhai ist ein politischer Geisterfahrer – ein würdiger Repräsentant eines Imperialismus im Niedergang. Je deutlicher der relative Abstieg, desto größer wird die Neigung zu Abenteuern, die seiner chauvinistisch verhetzten Wählerschaft als Beleg für die Verwirklichung von MAGA – Mach Amerika wieder groß(artig) – dienen. Das schließt Abstand von kostspieligen, langdauernden imperialistischen Unternehmungen wie dem Ukraine-Krieg nicht aus, sondern ein. Schließlich braucht es Ressourcen für den Feldzug gegen China.

Kubas Außenminister Bruno Rodriguez Parrilla hatte nach der Streichung von der US-Terrorliste in Havanna erklärt, die Entscheidung sei „aus der Erkenntnis heraus getroffen, dass die von ihr gegenüber Kuba verfolgte Politik veraltet und gescheitert ist“. Die bisherige Kuba-Politik habe zur Isolation der USA geführt und deren Außenpolitik diskreditiert. Die Kehrtwende durch Trump ändert nichts an der Richtigkeit dieser Bewertung des kubanischen Chefdiplomaten. Die gegenüber Kuba verfolgte Politik der USA ist veraltet und gescheitert – allerdings gerade deswegen voll akuter Gefahren für das Leben der Kubaner und die Existenz von Revolution und Staat.

Kuba steht hier stellvertretend für jene Mehrheit der Menschheit, die heute als „globaler Süden“ bezeichnet wird. Die USA geraten zusammen mit ihren Verbündeten gegenüber der Mehrheit der Staaten in Isolation. Vorerst drückt sich das vor allem in einer anderen Sichtweise als der des Westens auf den Kriege in der Ukraine und den Völkermord an den Palästinensern, den Trump ausdrücklich unterstützt, aus.

Die Haltung des neuen US-Präsidenten zum Ukraine-Krieg hat sich nach seinen großmäuligen Ankündigungen, ihn sofort zu beenden, im Wahlkampf und danach geändert. Auch sein Vorwurf an die NATO-Verbündeten, sie zahlten zu wenig, ist nur grelles Geschrei. Insbesondere BRD-Politiker – von AfD bis zu den Grünen – stehen längst in einem Überbietungswettbewerb um immer größere Kriegsaufwendungen und um die „Führung“ im Krieg gegen Russland. Der neue Mann im Weißen Haus registriert das mit Genugtuung.

Das bedeutet aber: Die internationale Isolation in Fragen von Krieg und Frieden betrifft nicht nur die USA, sondern die veraltete und gescheiterte Politik des Westens gegenüber den kolonial befreiten Völkern insgesamt.

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"Schrill, brutal und isoliert", UZ vom 24. Januar 2025



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