Amüsante Titelseite der „Berliner Zeitung“: Der „Tagesschau“-Sprecher auf Sendung hat eine Aufziehschraube im Rücken. Heißt: Jemand dreht, und – zack – legt der Lohnsprecher los. Aber ist das nicht der Beruf? Was will die Karikatur? Sie fragt nach den Schraubern. Wer bestimmt die Inhalte, wer das Weggelassene? Wer normt die Sprache und legt das Elaborat auf des Ansagers Zunge?
Alexander Teske, über ein halbes Jahrzehnt dort beschäftigt, hat in Buch und Interview Aufschlüsse gegeben. Kurz reingeschaut: Wenn Nachrichtensprecher während der Sendung Interviews führen, lesen sie vom Teleprompter ab. Aha, spontane Nachfragen könnten das Sendeziel verfehlen. Die Journalistin Rommy Arndt hat sich in einem MDR-Kommentar gegen die Machenschaften der Waffenlobby gewandt und kam nicht wieder auf Sendung. Fragt noch jemand, warum „Qualitätsjournalisten“ die Befolgung propagandistischer Vorgaben der ganzen Wahrheit vorziehen? Anpassung auch bei der Auswahl von Gesprächspartnern. Wie unsouverän die Ausgrenzung von Zeitzeugen, deren Widerspruch ins Prinzipielle geht: Krone-Schmalz, Kujat, Lüders, Baab … Und wie hinterhältig, wenn doch mal ein Konsensbeschmutzer eingeladen ist, die Absprache zum Verhauen seiner Renitenz.
Wache Rezipienten haben die Nase voll von dieser Sorte Journalismus und suchen nach besseren Informationsquellen. Andere machen sich in den sozialen Medien Luft und ernten gar Klagen politisch angezählter Mimosen. Innenministerin Faeser meint, die den Staat verhöhnen müssten es mit einem starken Staat zu tun bekommen. Wäre es dann nicht besser, die sich für den Staat haltende Regierung wählte ein gehorsameres Volk? Brecht liebte es, Fragen zu stellen. Stellen wir unsere Fragen, wenn medialer Gleichschritt Zeitgeschichte frisiert!
Die „Washington Post“ berichtete, dass die Unterseekabel in der Ostsee nicht absichtlich, nicht auf Befehl Moskaus zerstört wurden. Was zur „hybriden Gefahr aus Russland“ stilisiert wurde und Frau Baerbock zu einem „dringenden Weckruf“ veranlasste, waren Unfälle. Aber eine neue NATO-Flotte startet zur Mission „Baltic Sentry“. Fragen die aufgeregten Medien nun Verteidigungsminister Pistorius, warum er sein Orakel, niemand glaube an ein Versehen, nicht zurücknimmt? Weil die Ostsee ein NATO-Meer werden soll und der antirussisch angelegte Kommandostützpunkt in Rostock seine Begründung braucht? Schließlich wolle der Russe doch in fünf Jahren die „Wertewelt“ angreifen! Platzte dieser Fake, welche Lüge sollte die Bevölkerung in die „Kriegstüchtigkeit“ zwingen und blind machen für die ihr zugedachte Rolle als Geisel auf der deutschen Drehschreibe im Antirusslandkrieg? Welchen Sinn hätten die exorbitanten Rüstungsausgaben?
Der US-Karrierediplomat Chas Freemann, der 1972 Nixons China-Besuch koordinierte, sagt, man solle auf eine neutrale Ukraine hinarbeiten, die als Puffer und Brücke zwischen Russland und dem Rest von Europa fungiert. Zu deutschen Taurus-Lieferungen: Es sei keine gute Idee, „dem russischen Bär ins Auge zu stechen“. Besser auf Diplomatie denn auf Drohungen setzen („Berliner Zeitung“, 14./15. Dezember 2024). Und wer hat North Stream 2 gesprengt? Der Diplomat: „Die Deindustrialisierung Deutschlands ist das Resultat, und die USA haben bestens davon profitiert.“ Wo sonst findet deutscher Mainstream-Journalismus den Mut, derart vernünftige Expertisen in die Diskussion zu holen?
Oder Gaza: Wer fragt Frau Baerbock, ob sie angesichts des unermesslichen Leids die zeitweilige Aussetzung deutscher Beiträge für das UNRWA-Hilfswerk bereut? Sie beruhte doch auf Lügen! Wer stellt den Überfall der Hamas vom 7. Oktober in Relation zum jahrzehntelangen Leidensweg der Palästinenser und ruft die BRD als zweitgrößten Rüstungslieferanten Israels zur Besinnung? Die deutschen „Edelmedien“ verweigern diesen Dienst. Man berieselt uns mit Regierungsgedöns. Oh je! Haben wir auch schon eine Schraube im Rücken? Wer dies schreibt und liest, nicht!