Im Vorfeld der für den 21. November angesetzten Regional- und Kommunalwahlen in Venezuela wird der Ton wieder schärfer. Die Regierung des südamerikanischen Landes veröffentlichte am 8. Oktober ein offizielles Kommuniqué, in dem sie der Europäischen Union Einmischung in die inneren Angelegenheiten vorwarf. Anlass waren Äußerungen des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Dieser hatte erklärt, die EU werde durch die Entsendung von Wahlbeobachtern die Opposition unterstützen. Damit verletze Brüssel den neutralen Charakter der Delegation, wie sie in einem Abkommen mit dem Nationalen Wahlrat (CNE) vereinbart worden sei. Parlamentspräsident Jorge Rodríguez legte der EU sogar einen Verzicht auf die Entsendung von Wahlbeobachtern nahe: „Wenn Sie nicht in der Lage sind, mit ein bisschen Anstand das Abkommen einzuhalten, das Sie mit dem CNE unterzeichnet haben, dann wäre es besser, wenn Sie nicht kommen.“
Doch auch die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) sieht sich zunehmenden Angriffen aus dem Regierungslager in Caracas ausgesetzt. Während einer Parlamentssitzung am 14. September warf der frühere venezolanische Innenminister Pedro Carreño, einer der führenden Politiker der Regierungspartei PSUV, dem Generalsekretär der KP Venezuelas (PCV), Oscar Figuera, vor, in den Diensten des US-Geheimdienstes CIA zu stehen.
Die Vorwürfe wurden von den staatlichen Fernsehsendern live übertragen. Doch worauf sich Carreño bezog, konnten die Zuschauer nicht wissen. Denn während die gesamte Parlamentsdebatte einschließlich der Reden der rechten Oppositionsabgeordneten ungekürzt übertragen wurde, brachen VTV und ANTV die Sendung in dem Moment ab, als der kommunistische Abgeordnete das Wort ergriff. Das war kein Versehen, sondern ist seit Monaten gängige Praxis der Staatsmedien.
Figuera hatte in seiner Ansprache die derzeit in Mexiko unter norwegischer Vermittlung laufenden Verhandlungen zwischen der Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der reaktionären Opposition als „Pakt der Eliten“ kritisiert, der die Durchsetzung neoliberaler Politik in Venezuela zum Ziel habe.
Tatsächlich versucht die Regierung Maduro seit geraumer Zeit, die durch den Wirtschaftskrieg der USA zerrüttete Ökonomie durch eine schrittweise Aufgabe der Errungenschaften vergangener Jahre zu stabilisieren. Während sich der offizielle Diskurs weiter auf die von Hugo Chávez initiierte Bolivarische Revolution bezieht und antiimperialistische Parolen verkündet werden, wurden Staatsunternehmen privatisiert und Währungsspekulationen legalisiert. Durch die weiterhin ungebremst galoppierende Inflation reichen die Löhne der Beschäftigten schon lange nicht mehr zum Leben. Die PCV und ihre Verbündeten, die sich zur Revolutionären Alternative des Volkes (APR) zusammengeschlossen haben, kritisieren das scharf und fordern von der Regierung wirksame Maßnahmen im Interesse der arbeitenden Bevölkerung.
Wie schon bei den Parlamentswahlen im Dezember 2020 tritt die PCV auch bei den Regionalwahlen mit eigenen Listen in Konkurrenz zu den Kandidaten der PSUV und der rechten Opposition an. Unterstützt wird sie durch andere linke Organisationen und Parteien, denen eine Kandidatur von der Wahlbehörde verweigert wird. Auch die Kandidaten der Kommunistischen Partei sehen sich Manövern gegenüber, die ihr Antreten erschweren oder gar verhindern. So wurde dem von der PCV nominierten Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters von Caracas, Eduardo Samán, vom Nationalen Wahlrat ohne nachvollziehbare Begründung das passive Wahlrecht entzogen. Notgedrungen ersetzte ihn die PCV durch Rafael Uzcátegui von der Linkspartei „Heimatland für alle“ (PPT).
Gegen die antikommunistische Hetze in Venezuela haben sich in einer gemeinsamen Erklärung mehr als 40 kommunistische und Arbeiterparteien aus aller Welt mit der PCV solidarisiert. In dem Statement, das auch von der DKP unterzeichnet wurde, heißt es unter anderem: „Unsere Parteien bringen erneut ihre Solidarität mit dem venezolanischen Volk zum Ausdruck, das von den illegalen und imperialistischen Zwangsmaßnahmen sowie der kapitalistischen Krise, die den Abbau von Errungenschaften und Rechten der Arbeiterklasse und der Volksschichten mit sich bringt, hart getroffen wurde.
Der Dialog zwischen der Regierung von Nicolás Maduro und der reaktionären Opposition, die bis vor kurzem seinen Sturz durch einen Staatsstreich und eine imperialistische Intervention anstrebte, verfolgt nicht die Interessen der Menschen. Dieser Dialog führt einerseits zu direkten Resultaten zugunsten der Interessen der reaktionären Opposition und der Unternehmergruppen. Andererseits führt er zum Verlust von Arbeits-, Gewerkschafts- und politischen Rechten der Arbeiterklasse und von revolutionären Organisationen. Typische Beispiele sind die zunehmende Kriminalisierung von Arbeiterkämpfen, die zu ungerechtfertigten Inhaftierungen einer beträchtlichen Anzahl von Gewerkschaftern geführt hat, oder auch die jüngsten Angriffe auf die politischen und Wahlrechte der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) und der ‚Revolutionären Volksalternative‘ (APR) im Rahmen der Bekanntgabe der Kandidaten für die bevorstehenden Kommunalwahlen am 21. November.“