Ursula Vogt zur eingerissenen „Brandmauer“

Schmierentheater

Ursula Vogt

Eine Brandmauer werde da jetzt eingerissen, hieß es, weil die CDU einen Antrag gestellt hat, dem auch die AfD zustimmen werde. Kein Brandmauernpieps, als die AfD im November letzten Jahres einer „Antisemitismus-Resolution“ zustimmte, deren Kernstück es ist, jegliche Kritik am Staat Israel zu unterbinden.

Wer meint, hier wäre es um das Thema Migration gegangen, der soll sich ganz schnell den Sand aus den Augen wischen, der da landauf, landab ausgekübelt wurde. Rechtlosigkeit für die Nicht-Besitzenden ist Kernelement dieser bürgerlichen Demokratie. Da mag sich der eine oder andere arme Schlucker oder noch einigermaßen Verdienende schon einbilden, er sei was Besseres als diese Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und Elend um den Erdball gejagt werden.

Überflüssig, zu betonen, wie entsetzlich diese Amoktaten sind. Doch was sind die Ursachen? In diesem Land ist kein Platz mehr für Menschlichkeit, für Integration und menschenwürdige Versorgung Flüchtender, für Hilfe für hochtraumatisierte Menschen, aber zunehmend Platz für staatliche Gewalt.

Wir hatten eine Regierung, die uns zunehmend mit hohen Kosten bei schlechteren Leistungen malträtiert hat. Mit der nächsten Regierung wird das nicht besser, im Gegenteil. Es stehen Unsummen an Staatsgeldern im Raum für Rüstung und Technologieentwicklung, bei der die deutsche Industrie ins Hintertreffen geraten ist. Das Geld dafür wird man dem Volk aus den Rippen schneiden. SPD und Grüne jubelten sich einen runter, weil der Merz-Antrag im Bundestag nicht durchgegangen ist – als hätten nicht sie den ganzen Schlamassel angerichtet, in dem sich die AfD suhlt.

Merz pumpt sich auf und haut Ideen raus, die weder durch das Grundgesetz noch durch das Strafrecht und das Sozialrecht gedeckt sind. Die Abstimmung sei eine Niederlage für Merz gewesen? Mitnichten. Der mimt das Trumperl, weil dieses Land Führung braucht für seine Großmachtpläne.

In der Weimarer Republik gab es etliche dieser starken Männer. Heinrich Brüning wurden vom Reichstag weitreichende Rechte als Präsidialkanzler übertragen, auf dass er die Krisen bewältige und Deutschland erstarken lasse durch Aufrüstung, Unterdrückung der Arbeiterklasse und Herrschaft der Eliten von Bank und Industrie. Ernst Thälmann analysierte treffend die Politik der Brüningschen Zentrumspartei: „Sie ist die Partei, die die Faschisierung am geräuschlosesten unterstützt und fördert.“

So wie Brüning scheiterte, so wird auch das jetzige Politpersonal jeder Couleur scheitern mit den Krisenbewältigungsprogrammen auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung. Dieses Aufbauschen nationaler Interessen (worunter auch die Hatz gegen Migranten zu subsumieren ist), die Verzichtspropaganda, das Kriegsertüchtigungsgeschrei und die Posen gnadenloser Grobschlächtigkeit gehören zu den Vorbereitungsetappen, auf die uns Dimitroff hingewiesen hat.

Hinterm Rauchvorhang passierte in nämlicher Sitzung des Bundestags elegant ein „Artikelgesetz Zeitenwende“ den Bundestag, mehrere Gesetze im Paket, mit denen „die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“ erhöht wird. Unter anderem wurden Rahmenbedingungen für die Bundeswehr in Litauen „und vergleichbare Szenarien“ beschlossen.

„Sie glauben, da muss doch ein Halt sein, der sie, die Stürzenden stützt“, heißt es in einem Lied von Bert Brecht. Dieses System ist am Ende. Ob wir mit in den Abgrund gerissen werden, hängt davon ab, ob es ein Ende hat mit dem Vertrauen auf irgendwelche Eliten und Kapitalistenknechte. Es gibt nur ein Mittel: Um uns selber müssen wir uns selber kümmern. Und das Minimalprogramm ist, dass die Gewerkschaften mit aller Macht die Rechte und Bedürfnisse ihrer Mitglieder und deren Familien einfordern. Und das bedeutet vordringlich: Keine Milliarden für Hochrüstung und Krieg!

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.



UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
Unsere Zeit