Zum Pflegebonus der Bundesregierung

Schmerzensgeld

Nun kommt er, der Pflegebonus. Laut Kabinettsbeschluss und Verlautbarungen aus dem Gesundheitsministerium soll er an Beschäftigte in der Pflege und Beschäftigte mit Patientenkontakt einmalig ausgezahlt werden. Gestaffelt: Intensivpflegekräfte sollen 2.500 Euro bekommen, Kolleginnen und Kollegen in Pflegevollzeit im Altenheim 550 Euro, diverse andere Berufsgruppen bekommen nur 190 Euro. Zwischenstufen soll es je nach prozentualem Pflegeanteil und Einsatzbereich geben. Die Abstufungen und die neuerliche Benachteiligung der Beschäftigten in der Altenpflege sorgen für Unmut und Unverständnis. Grundsätzlicher Tenor aus den Stationen und Wohnbereichen: Zu wenig, zu spät, ungerecht und ändert rein gar nichts an unserer allgemeinen Belastungssituation.

Gerade die Kolleginnen und Kollegen im Helfer-, Service- oder Reinigungsbereich, bei denen am Ende des Monats oft kein einziger Euro übrig bleibt, haben in den letzten Wochen aufmerksam verfolgt, ob und wann ein Pflegebonus ausgezahlt werden soll. Knapp 200 Euro mehr bedeuten für sie, endlich mit den Kindern neue Schuhe kaufen zu gehen oder den nächsten Werkstattbesuch ohne Inanspruchnahme des Dispos bezahlen zu können. Dennoch ist ihnen völlig klar, wie zynisch diese vielbeschworene „materielle Anerkennung“ ist, weil sie an den grundsätzlichen Bedingungen nichts ändert. Der Pflegebonus ist bestenfalls ein Schmerzensgeld.

Eine Milliarde Euro steht für den Pflegebonus zur Verfügung. Stellt man dem das 100-Milliarden-Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung gegenüber, ist die Rechnung einfach: Dieser Regierung sind Soldaten hundert Mal mehr wert als die in der Pandemie bis zur Erschöpfung arbeitenden Pflegekräfte.

In den Pandemiejahren 2020 und 2021 betrug der Reingewinn nach Steuern des größten deutschen Klinikkonzerns Fresenius mit seiner Kliniksparte Helios je 1,8 Milliarden Euro. Diese Summe entspricht 688.000 Pflege-Monatsgehältern. Asklepios auf Platz 2 schaffte es im Jahr 2020 immerhin noch auf einen Gewinn von 450 Millionen, Tendenz steigend.

So offensichtlich kann Staatsversagen sein. Umso wichtiger sind die aktuellen Kämpfe der Kolleginnen und Kollegen um konkrete Verbesserungen wie für Tarifverträge zur Entlastung oder für eine verbindlich vorgeschriebene Personalbemessung.

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"Schmerzensgeld", UZ vom 8. April 2022



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