Dokumentiert: Bundestagsrede von Sahra Wagenknecht am 8. September

Schluss mit den fatalen Wirtschaftssanktionen!

Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht hat es geschafft: Ihre Bundestagsrede vom 8. September bestimmt die Schlagzeilen. Die Forderung nach einem Ende des Wirtschaftskriegs spalte die Linkspartei – ihretwegen verließen Mitglieder die Partei. Schon während der Rede wurde an der Querfronterzählung gestrickt. Vor den Angriffen schützte Wagenknecht auch nicht die obligatorische Kritik am russischen Angriffskrieg. Wer sich den Plänen des Imperialismus, „Russland zu ruinieren“, in den Weg stellt – und sei es nur mit einer fünfminütigen Rede –, ist zum Abschuss freigegeben.
Die Reaktionen in den sozialen Medien zeigen allerdings, dass es bedeutende Teile der Bevölkerung gibt, denen Wagenknecht aus der Seele spricht. Die Angst geht um – vor der nächsten Energiepreiserhöhung, dem kommenden Lebensmitteleinkauf oder vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Daran ändern die angekündigten Trostpflaster nichts. Es braucht vielmehr einen Stopp der Energiepreise, wie ihn die DKP fordert, auf dem Niveau von Juni 2021. Es braucht den Stopp des Wirtschaftskriegs gegen Russland und die Öffnung von Nord Stream 2, damit günstiges Gas zur Verfügung steht. Und es braucht die Verstaatlichung der Energiekonzerne, die die Krise genutzt haben, um sich an uns zu bereichern. Im Folgenden dokumentieren wir die Rede Sahra Wagenknechts samt Reaktionen des Bundestags:

In Deutschland bahnt sich eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe an. Millionen Menschen haben Angst vor der Zukunft, vor explodierenden Lebenshaltungskosten, vor Horrorabrechnungen und immer mehr auch um ihren Arbeitsplatz.

Auch wenn es sich noch nicht bis ins Wirtschaftsministerium herumgesprochen hat: „In Schlüsselindustrien werden Betriebe reihenweise schließen“, schreibt das „Handelsblatt“. Denn, Herr Habeck, in der Wirtschaft ist das leider nicht so wie in der Politik. Ein Minister, der nichts mehr liefert, muss leider tatsächlich keine Insolvenz anmelden; Sie sind das beste Beispiel dafür. [Beifall bei der LINKEN und der AfD – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei Ihnen klatscht die AfD! Ich würde darüber mal nachdenken, Frau Wagenknecht!]

Aber ein Unternehmen, das wegen der hohen Preise nichts mehr verkaufen kann, verschwindet vom Markt, und das heißt eben schlicht im Klartext: Wenn wir die Energiepreisexplosion nicht stoppen, dann wird die deutsche Industrie mit ihrem starken Mittelstand bald nur noch eine Erinnerung an die guten, alten Zeiten sein. [Beifall bei der LINKEN]

Die hohen Energiepreise, viel höhere als in vielen anderen europäischen Ländern, sind doch nicht vom Himmel gefallen; die sind das Ergebnis von Politik. Sie sind zum einen das Ergebnis Ihrer völligen Rückgratlosigkeit gegenüber den Absahnern und Krisenprofiteuren. [Beifall bei der LINKEN]

Die Mineralölkonzerne werden in diesem Jahr in Deutschland 38 Milliarden Euro mehr Gewinne machen als im Schnitt der letzten Jahre, die Stromerzeuger sogar 50 Milliarden Euro – Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern jeden Tag aus der Tasche gezogen wird.

Andere Länder haben auf dieses Marktversagen längst mit Preisdeckeln oder wenigstens mit Übergewinnsteuern reagiert. Frankreich hat den Anstieg des Strompreises auf 4 Prozent begrenzt; da sind sie nicht erst nach Brüssel gefahren und haben lange Verhandlungen geführt. Ein Liter Sprit kostet in Frankreich rund 40 Cent weniger als bei uns. [Thorsten Frei (CDU/CSU): Ja!]

Und der Beitrag des hochkompetenten deutschen Wirtschaftsministers zur Energiekrise? [Zuruf des Abgeordneten Timon Gremmels (SPD)]

Er lässt sich von den Energielobbyisten ein Gesetz zu einer Gasumlage schreiben, [Enrico Komning (AfD): Ja!] das die Bürgerinnen und Bürger, die Familien und Unternehmen, die sowieso schon leiden, zusätzlich zur Kasse bitten wird.

[Enrico Komning (AfD): Wahnsinn! – Timon Gremmels (SPD): Falsch!] Also, da muss man wirklich sagen: Auf so einen Einfall muss man erst mal kommen. [Beifall bei der LINKEN]

Wir haben wirklich die dümmste Regierung in Europa, wenn man sich das anguckt.

Aber nicht nur, dass Sie zu feige sind, sich mit den Krisengewinnern anzulegen, [Widerspruch bei der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP] das größte Problem ist Ihre grandiose Idee, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen. Ja, natürlich ist der Krieg in der Ukraine ein Verbrechen. [Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP: Buh!]

Aber die Vorstellung, dass wir Putin dadurch bestrafen, dass wir Millionen Familien in Deutschland in die Armut stürzen und dass wir unsere Industrie zerstören, während Gazprom Rekordgewinne macht – ja wie bescheuert ist das denn? [Beifall bei der LINKEN und der AfD] Preiswerte Energie ist die wichtigste Existenzbedingung unserer Industrie. [Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP]

Und wo haben Sie denn Ersatz aufgetan, Herr Habeck? Bei amerikanischen Frackinggasanbietern, die aktuell 200 Millionen Euro Gewinn mit jedem einzelnen Tanker machen! Klar, so kann man die Gasspeicher auch füllen, aber den Ruin von Familien und Mittelständlern, die diese Mondpreise am Ende bezahlen müssen, den werden Sie damit nicht aufhalten.

Und es fängt doch schon an. Dass der Gasverbrauch der Industrie um fast ein Fünftel eingebrochen ist, liegt doch nicht an plötzlichen Effizienzgewinnen, sondern daran, dass die Produktion schon jetzt dramatisch zurückgeht. Bevorzugtes Ziel von Produktionsverlagerungen sind neuerdings übrigens wieder die USA, weil der Gaspreis in Deutschland inzwischen achtmal so hoch ist wie in Übersee. [Dr. Alice Weidel (AfD): Ja, achtmal so hoch!]

Make America great again? Eine teure Strategie für eine deutsche Regierung! [Beifall bei der LINKEN und der AfD – Dr. Alice Weidel (AfD): Sie haben recht! – Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Putin freut sich über Ihre Rede, Frau Wagenknecht!]

Der Hauptgeschäftsführer des DIHK geht davon aus, dass Deutschland bei Fortsetzung der jetzigen Strategie in wenigen Jahren 20 bis 30 Prozent ärmer sein wird.

Ja, ob es uns gefällt oder nicht, wenn wir ein Industrieland bleiben wollen, dann brauchen wir russische Rohstoffe und leider auf absehbare Zeit auch noch russische Energie. [Beifall des Abgeordneten Martin Reichardt (AfD)]

Deshalb: Schluss mit den fatalen Wirtschaftssanktionen! Verhandeln wir mit Russland über eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen! [Dr. Johannes Fechner (SPD): Radio Moskau!]

Wir sind nicht unabhängig. Sie machen sich und uns doch etwas vor.

Lieber Herr Habeck, es mag ja sein, dass auch Ihnen egal ist, was Ihre deutschen Wähler denken. Aber Sie haben nicht das Recht, Millionen Menschen, die Sie mehrheitlich nicht gewählt haben, ihren bescheidenen Wohlstand und ihre Zukunft zu zerstören. [Beifall bei der LINKEN und der AfD]

Deshalb: Treten Sie zurück, Herr Habeck! Denn Ihre Laufzeitverlängerung führt mit Sicherheit zum Super-GAU der deutschen Wirtschaft.

Danke schön.

[Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD – Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit besten Grüßen aus Moskau, Ihre Rede! – Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Putins langer Arm!]

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"Schluss mit den fatalen Wirtschaftssanktionen!", UZ vom 23. September 2022



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