Nützliche Arbeitshilfen für Lehrer wieder aufgelegt

Schluss mit antikommunistischen Märchen im Unterricht

Von Herbert Münchow

H. Müller, P. Rath (Hrsg.), Unterrichtseinheiten 1, Arbeitshefte für die Jugendbildungsarbeit, PDI, Die Entstehung der Bundesrepublik, Texte und Materialien, Dortmund/München 1975, 95 Seiten, 5,- Euro.

Bezug: pad-verlag, Am Schlehdorn, 51192 Bergkamen, pad-verlag@gmx.net.

Nicht erst und nicht nur am 3. Oktober 2018, dem Jahr des 100. Jahrestages der Novemberrevolution und des 100. Jahrestages der Gründung der KPD, wurde und wird aus allen Rohren der Propaganda- und Agitationsmaschinerie des BRD-Staates den Menschen in unserem Land das Märchen verkündet, dass mit der „Wiedervereinigung“ die Bürger der DDR aus ihrer Not erlöst wurden. Auf der Internetseite „lehrer-online“ wird diese Ideologie als Hilfestellung für die Lehrer und ihre Unterrichtsvorbereitung unter anderem so umgesetzt: „1989 führten revolutionäre Ereignisse zur Ablösung der kommunistischen Diktaturen in der DDR und Ostmitteleuropa: Die vierzigjährige Teilung Deutschlands und Europas fand ihr Ende. Die mit Förderung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erstellten Materialien bringen Kindern und Jugendlichen diese zeitgeschichtlichen Themen nahe, regen Besuche an Lernorten zu deutscher Teilung und Einheit an und unterstützen Lehrkräfte beim ‚Lernen vor Ort‘ mit ihrer Klasse. So wird der Lernerfolg der Besuche erhöht und das Wissen der Jugendlichen über die jüngere deutsche Geschichte verbessert.“ (https://www.lehrer-online.de/fokusthemen/dossier/do/deutsche-teilung-und-einheit/)

Diese Propagandalüge wurde schon mehrfach widerlegt, vor allem durch die Politik der feindlichen Übernahme selbst und ihre kolonialisierenden Konsequenzen, die meines Erachtens nirgends besser beschrieben wurden als in dem Buch von Vladimiro Giacchè: Anschluss. Die deutsche Vereinigung und die Zukunft Europas (Hamburg 2014). Nichts da von „Brüdern und Schwestern“. „Blühende Landschaften“ ausschließlich für das große Kapital mit Hilfe der Treuhand-Enteignungsmaschine. Wahrheiten über das Zusammenspiel von Staat und Monopolen, die sich nicht mehr vertuschen lassen – denn irgendwann und irgendwo plaudert auch die herrschende Klasse aus, was sie und was wer aus ihrer Mitte jeweils veranlasst und getan hat –, dass es ihr einzig und allein um das Plattmachen der DDR ging, was vor allem ein höchst profitables Geschäft für das Kapital war, was aber auch Schaden nicht nur für die Plattgemachten mit sich gebracht hat.

In diesem Zusammenhang ist es schon von Bedeutung, dass der pad-Verlag als Reprint ganz andere Hilfen für die Unterrichtsvorbereitung der Lehrer herausgebracht hat, als wir sie von offizieller Seite her kennen: „H. Müller, P. Rath (Hrsg.), Unterrichtseinheiten, Arbeitshefte für die Jugendbildungsarbeit, PDI, Die Entstehung der Bundesrepublik, Dortmund/München 1975“. Dort ordnet sich die Geschichte nicht dem Zeitgeist unter, sondern es gilt, dass es gerade auch in der Lehre darauf ankommt zu sagen, was ist. Schon die Gliederung für die inhaltliche (wissensmäßige) Aufbereitung der Unterrichtseinheit (Unterrichts/Seminarabschnitte), die für einen 9. Jahrgang an Haupt- und Gesamtschulen konzipiert wurde, verrät uns dies: Verhalten und Politik der Alliierten; Das Verhalten des deutschen Bürgertums; Lage und Verhalten der deutschen Arbeiterschaft; Währungsreform und die Entstehung des Grundgesetzes. Adressat der Unterrichtseinheit waren Schüler aus Arbeiterfamilien. Die didaktischen Überlegungen gingen deshalb davon aus, „vorwiegend die Lern- und Lebenssituation dieser Schüler zu berücksichtigen“.

Das Heft ist erschienen im Rahmen der Schriftenreihe des „Pressedienst der Demokratischen Initiative“ (PDI). Schon ein Auszug aus der politischen Plattform des PDI verrät uns, wie aktuell ein solches Heft auch heute ist: „Der ‚Presseausschuss Demokratische Initiative‘, ein Zusammenschluss von Schriftstellern und Journalisten, will dazu beitragen, das Grundgesetz mit Leben zu erfüllen und die bestehende, immer größer werdende Kluft zwischen Verfassungsauftrag und Verfassungswirklichkeit zu überbrücken. Hieraus ergibt sich die Aufgabe, gegen antidemokratische, reaktionäre und neofaschistische Tendenzen zu kämpfen. Das PDI warnt vor dem Missbrauch des Grundgesetzes sowohl durch jene Gruppe und Personen, die durch ihre terroristischen Aktionen den reaktionären Kräften unseres Landes willkommene Pseudo-Argumente liefern, also auch vor jenen, die mit Berufsverboten und anderen Einschränkungen der demokratischen Freiheiten die Grundrechte verletzen. Das Grundgesetz der Bundesrepublik und die Verfassungen der Länder fordern eine kritische Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen Machtzusammenballungen …“ Das PDI bekannte sich zur radikalen Demokratie als „Aufforderung zur Politisierung der Bürger“. Man könnte auch sagen, es geht hier nicht, wie bei der SPD der Weimarer Republik, um den Glauben an den abstrakten Staat und um Unterwerfung unter den Staatsapparat, sondern darum, die „Verfassung … im Kampf gegen diesen Staatsapparat und die ökonomisch herrschenden Klassen“ zu verteidigen (Wolfgang Abendroth).

Wir sollten die Anregungen des Heftes nutzen und dabei auch eine kritische Sicht bewahren. Die Pädagogische Arbeitsstelle/Dortmund (pad) hat die Reihe mit zahlreichen Unterrichtseinheiten fortgesetzt, die zum Teil Gegenstand ministerieller Veröffentlichungsverbote waren.

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"Schluss mit antikommunistischen Märchen im Unterricht", UZ vom 19. Oktober 2018



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