Gerade in Zeiten von Krisen und zahlreicher Kriege verschlechtert sich die materielle Situation von Frauen. Gründe sind die explodierenden Preise, die sie im Vergleich zu den männlichen Kollegen härter treffen. Denn sie verdienen im Schnitt immer noch 18 Prozent weniger. Dazu kommt, dass Frauen häufig in prekären Jobs beschäftigt sind und in Teilzeit arbeiten.
Frauen arbeiten wesentlich häufiger in Branchen, in denen schlecht gezahlt wird. Dazu gehören beispielsweise der Sozial- und Erziehungsdienst, der Gesundheitsbereich, die Pflege, der Einzelhandel oder die Gastronomie. Dabei spielt auch die Tarifbindung eine Rolle. Im Einzelhandel ist sie eingebrochen, in der Gastronomie ist sie kaum vorhanden. Die Folge ist, dass in diesen Branchen Niedriglöhne die Regel sind – oft wird sogar nur nach Mindestlohn bezahlt. Bei Minijobs wird selbst dieser oft umgangen. Kein Wunder also, dass Frauen häufiger in Armut leben oder armutsgefährdet sind: Jede fünfte Frau in Deutschland ist von Armut bedroht.
Laut Statistischem Bundesamt erhielten Frauen mit durchschnittlich 20,84 Euro einen um 4,46 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (25,30 Euro). Im langfristigen Vergleich sank der „Gender Pay Gap“ seit 2006 gerade einmal um 5 Prozentpunkte, von 23 auf 18 Prozent. Seit 2020 verharrt er bei diesem Wert. Der Blick auf den Verdienstunterschied bei Frauen und Männern im Laufe eines Arbeitslebens zeigt: Im Alter von 30 Jahren beträgt dieser gerade einmal 1,87 Euro und klafft dann immer weiter auseinander. Am höchsten ist die Differenz mit etwa 8 Euro im Alter von Mitte 50. Der durchschnittliche Bruttoverdienst von Frauen ab 30 stagniert nahezu zwischen 21 und 22,70 Euro. Bei den Männern steigt dieser dagegen von 22,87 (ab 30) bis auf 30,23 Euro (Mitte 50).
Die Ursache liegt auf der Hand: Frauen in Deutschland sind bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich rund 30 Jahre alt. Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich beruflich wenig. Viele arbeiten in Teilzeit, weil sie es sind, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern müssen. Über drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Zwar schreibt das Teilzeit- und Befristungsgesetz vor, dass Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter behandelt werden dürfen als eine Vollzeitkraft. Doch die Realität sieht meist anders aus.
Es braucht also gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Ganztagsschulen und eine gerechte Verteilung der Haus- und Sorgearbeit. Damit allein ist es jedoch nicht getan. Um die Lohnlücke zu schließen, ist eine deutliche Aufwertung von „Frauenberufen“ und „Frauenbranchen“ notwendig. Ein paar Beispiele dazu, die das Problem verdeutlichen: In der Chemieindustrie (zirka 33 Prozent Frauen) liegen die Einstiegsgehälter in der untersten Gruppe im Einstiegstarif bei über 2.800 Euro. In der Metall-/Elektroindustrie (zirka 20 Prozent Frauen) liegen sie bei über 2.500 Euro. Im Öffentlichen Dienst (zirka 60 Prozent Frauen) liegen die Einstiegsgehälter zwischen 2.000 bis 2.100 Euro und im Einzelhandel (zirka 65 Prozent Frauen) bei 2.200 Euro.
Von der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2014 haben viele Frauen profitiert, aber er ist zu niedrig. Wäre er 2018 auf 15 Euro angehoben worden, wäre der Lohnabstand in der Größenordnung von etwas über 3 Prozent verringert worden. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den „Gender Pay Gap“ bis zum Jahre 2030 auf 10 Prozent zu senken. Simulationsrechnungen für 2018 haben ergeben, dass zur Erfüllung dieses Zieles der Mindestlohn in allen betroffenen Branchen bei 23,20 Euro hätte liegen müssen (Statistisches Bundesamt, Studie von 2021).
Ein weiteres Problem ist die Tarifbindung. Mittlerweile arbeiten nur noch etwa die Hälfte der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen. Im Durchschnitt müssen Beschäftigte ohne Tarifvertrag pro Woche knapp eine Stunde länger arbeiten, erhalten jedoch gleichzeitig knapp 21 Prozent weniger Geld. In Branchen, in denen Tarifbindung auffällig selten ist, arbeiten besonders viele Frauen. Während im Bergbau, in der Energie- und der Wasserversorgung drei von vier Beschäftigten unter dem Schutz eines Tarifvertrages arbeiten, gilt das im Gastgewerbe nur für eine von drei Beschäftigten. Auch Minijobs werden meist nicht nach Tarifvertrag bezahlt. Das trifft vor allem Frauen, die zwei Drittel geringfügig Beschäftigten stellen.
Und Tarifverträge schützen vor Niedriglöhnen. 30 Prozent der Frauen arbeiten für Niedriglohn, bei den Männern sind es 19 Prozent. Viele kleine und mittlere Unternehmen sind nicht tarifgebunden und auch hier zeigt sich, dass es vor allem Frauen sind, die hier arbeiten – zwei Drittel aller erwerbstätigen Frauen. Der Bruttostundenlohn von Frauen in tarifgebundenen Betrieben liegt im Schnitt fast ein Viertel über dem in nicht tarifgebundenen Betrieben. Daraus folgt, dass der Kampf für eine Angleichung der Gehälter auch ein Kampf für die Erhöhung der Tarifbindung ist.
Positiv ist, dass in den letzten 10 bis 15 Jahren viele Streiks ein weibliches Gesicht hatten. Das betrifft die Streiks im Einzelhandel, im Sozial- und Erziehungsdienst sowie im Gesundheitsbereich. Hier war der Anteil der weiblichen Streikenden sehr hoch. Seit 2022 finden auch am Internationalen Frauentag Frauenstreiks statt. Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst – mit einem Frauenanteil von über 80 Prozent – streikten 2022 für bessere Eingruppierungen und gute Arbeitsbedingungen. Sie waren gemeinsam mit der Frauenbewegung auf der Straße. Im letzten Jahr streikte der Öffentliche Dienst für höhere Löhne und auch in diesem Jahr finden wieder Frauenstreiks statt. Frauenkampf ist nun einmal Klassenkampf. Und zu diesem gehört der Kampf um gleiche Löhne.