In Amiens fand diese Woche (nach Redaktionsschluss) der Prozess gegen die „8 von Goodyear“ vor dem Berufungsgericht statt. Sie sind angeklagt wegen „Bossnappings“. Eineinhalb Tage lang sollen sie zwei Manager in ihr Büro eingesperrt haben, um mit ihnen über die Modalitäten der Schließung des Werkes in Amiens zu verhandeln.
Die Gewerkschaft CGT und Unterstützerkomitees in 14 Departements riefen landesweit zu Streiks auf und forderten, die angeklagten Kollegen freizusprechen.
Die Direktion von Goodyear hatte – wie im Falle von Air France – großzügig ihre Anzeigen zurückgezogen. Wofür hat man die Staatsmacht? Der Staatsanwalt wurde aktiv, und die Klassenjustiz fällte ihr entsprechendes Urteil: 24 Monate Gefängnis, davon 9 ohne Bewährung, hieß es im Januar.
Während das Goodyear-Werk in Amiens von Leiharbeitern demontiert wird, macht man dem gewerkschaftlichen Verhandlungskomitee den Prozess. Sie, die ihre Arbeitsplätze retten wollten, stehen vor Gericht, und nicht die Manager, die Arbeitsplätze vernichteten, obwohl das Werk wirtschaftlich „gesund“ war. Die Arbeiter machte es zu diesem Zeitpunkt bereits krank.
Das Management hat das Werk systematisch abbruchreif gemacht. Investitionen blieben aus, selbst die Instandhaltung wurde unterlassen. Um die Belegschaft „weichzukochen“, gab es Schikanen wie die willkürliche Einteilung von Schichten. Unregelmäßige Schichtwechsel hatten Stress zur Folge, Scheidungen und sogar elf Selbstmorde waren die Folge. Personaleinsparungen und fehlende Instandsetzung führten zu Unfällen: Im Jahr 2009 wurden 220 zum Teil schwere Arbeitsunfälle gemeldet, in den Folgejahren 2010 und 2011 noch jeweils 210.
Am 7. September 2011 wurde das Unternehmen zu l3 600 Euro und zwei Direktoren zu 1 000 Euro Strafe verurteilt, weil sie ihre Arbeiter falsch darüber informiert hatten, dass sie bei ihren Tätigkeiten krebserregenden Stoffen ausgesetzt waren. Es kam zu Krebserkrankungen und sogar zu zehn von der Berufsgenossenschaft anerkannten Todesfällen. Damit überhaupt etwas geschah, musste erst der kommunistische Parlamentsabgeordnete Maxime Gremetz beim Gesundheitministerium intervenieren. Das war 2009. Die Prozesse, die die Geschädigten gegen Goodyear in den USA anstrengten, laufen noch.
Gewerkschafter um Mickael Wamen hatten beinahe acht Jahre lang – von 2007 bis 2014 – die Schließung ihres Reifenwerks und die Verlagerung der Produktion verhindert. 1 173 Beschäftigte wollten ihre Arbeitsplätze erhalten. Mit politischen und juristischen Mitteln, auf der Straße und vor Gericht zogen sie gegen eine Geschäftsleitung zu Felde, die jeden „sozialen Dialog“ ablehnte, Gespräche mit den Gewerkschaftern verweigerte. Zuerst sollte das Werk mit Dunlop fusioniert werden, dann mit Titan. Aus der Gründung einer Kooperative auf der Basis der Abfindungen wurde nichts. Die Anschub-Subventionierung durch die Regierung wurde verweigert.
Übrigens: Im dritten Quartal 2015 ist der Reingewinn von Goodyear um 68 Prozent auf 271 Mio. US-Dollar gestiegen.