Thema „Innere Sicherheit“ dominiert NRW-Wahlkampf

Schlechte Aussichten für die SPD

Von Adi Reiher

Hannelore Kraft hat bei der traditionellen Jahresauftaktpressekonferenz alles versucht, die vorgeblichen Erfolge ihrer Landesregierung in Nordrhein-Westfalen auf dem Arbeitsmarkt, bei Sozialprojekten, bei der Haushaltskonsolidierung oder beim Ausbau der In­frastruktur herauszustellen.

Keinen der Anwesenden hat es interessiert, obwohl es zu dieser sogenannten Bilanz jede Menge kritisch nachzufragen gäbe. Stattdessen stand die Veranstaltung außer bei Krafts einleitenden Worten unvermischt im Zeichen der Diskussion um die innere Sicherheit. Die Ministerpräsidentin musste zugeben: „Das Thema innere Sicherheit wird in den kommenden Wochen und Monaten die politische Debatte bestimmen.“ Sprich, den Landtagswahlkampf.

Das liegt vor allem, aber nicht ausschließlich daran, dass für den Lastwagen-Attentäter Amri die Ausländerbehörde des Kreises Kleve/NRW zuständig war. Im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) waren es somit die Innenminister de Maizière (CDU/Bund) und Jäger (SPD/NRW), die für den Umgang mit Amri hauptverantwortlich waren. Und dieser Umgang war hanebüchen. Beide Minister wussten, dass Amri versuchte, sich Waffen zu beschaffen (anscheinend auch bei einem V-Mann des Verfassungsschutzes), sie wussten, dass er unter verschiedenen (14!) Identitäten im salafistischen Netzwerk unterwegs war und um die Teilnahme an Terrorakten warb. Trotzdem blieb Amri auf freiem Fuß, in einem Fall wurde er offenbar (im Juli 2016) mit Haftbefehl gefasst, aber auf Weisung seiner Ausländerbehörde wieder freigesetzt.

Der Innenminister von NRW steht darüber hinaus auch wegen der Hooligan-Demo von 2014 und den „Vorfällen“ in der Silvesternacht 2015 unter Druck. Um dem zu entgehen, besorgen er und seine Dienstherrin Kraft das Geschäft der Rechtspopulisten. Zuletzt ging man an Silvester in Köln mit kaum verbrämtem Rassismus gegen „Nordafrikaner“ vor, die sich jetzt vornehmlich als Syrer, Iraker und Afghanen entpuppen, „dunkle“ Typen halt. Eine Woche später kesselten tausend Polizisten 200 Demonstranten ein, die gegen einen Aufmarsch von ProNRW protestierten. Ohne ein Vergehen begangen zu haben, wurden die Personalien aufgenommen und angekündigt, dass alle eine Strafanzeige bekommen würden.

Ob die Landesregierung – wie nach Silvester 2014 – ein „Sicherheitspaket“ schnürt, ist noch offen. Die Opposition, vor allem CDU und FDP, geht in die Vollen und fordert alles und das sofort – Fußfessel, Schnellabschiebungen, Schleierfahndung usw. Über den Vorschlag von Hannelore Kraft, eine überparteiliche Expertenkommission zur Untersuchung des Falles Amri einzusetzen, lachen (fast) alle. Stattdessen will man einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

All dies schadet den Wahlaussichten der SPD ungemein. Obwohl sie bei jeder Schweinerei dabei war und ist, erweckt sie den Eindruck, sie müsse zum Jagen getragen werden. Und das, obwohl ihr Innenminister seine durchaus forsche Vorgehensweise schon im Namen trägt.

Fast überflüssig festzuhalten, dass die Strategie der etablierten Parteien, der Polizei und der Dienste die Rechten immer weiter hoffähig macht.

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"Schlechte Aussichten für die SPD", UZ vom 20. Januar 2017



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