Schlecht verwaltet

Lucas Zeise zur Senkung der Sozialbeiträge

Hubertus Heil, rechter Frontmann der SPD und zugleich Arbeitsminister in der großkoalitionären Regierung, hat angekündigt, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mit Beginn des nächsten Jahres um 0,3 Punkte auf dann 2,7 Prozent des Bruttoeinkommens sinken sollen. Was zunächst wie eine kleine Lohnerhöhung wirkt, ist in Wirklichkeit eine Unverschämtheit zu Lasten der Arbeiter und Angestellten.

Man kann es am besten daran erkennen, dass die Werbe- und Lobby-Verbände der Kapitalseite, angeführt in diesem Fall vom „Bund der Steuerzahler“ und den „Wirtschaftsweisen“, schon lange angesichts der Überschüsse der Arbeitslosenversicherung für eine Beitragssenkung plädieren. Von einer Senkung der Sozialbeiträge profitieren die Unternehmer auch direkt, denn im Sozialsystem der Bundesrepublik werden fast alle Sozialbeiträge „paritätisch“, das heißt zu gleichen Teilen vom bezahlten Bruttolohn einerseits und direkt vom Unternehmer andererseits eingezogen. Beim Bruttoeinkommen eines Lohnempfängers von 2 000 Euro würde der Unternehmer bei der von Heil angekündigten Senkung 0,15 Prozent = 3 Euro monatlich einsparen und der Lohnempfänger zugleich drei Euro mehr erhalten.

Alles gut und bestimmt nicht unpopulär. Tatsächlich hat die Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr einen Überschuss von beinahe 6 Mrd. Euro erzielt. Denn dank der steigenden Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind die Beiträge gestiegen, während die Leistungen bei der relativ niedrigen Arbeitslosigkeit kräftig gesunken sind. Vorausgegangen war freilich eine Periode hoher Arbeitslosigkeit, in der die Leistungen der Arbeitslosenversicherung massiv nach unten korrigiert worden waren. Die soziale Sicherung werde wetterfest gemacht, behaupteten damals die Sozialdemokraten wie Schröder,

Olaf Scholz, Müntefering und Heil, die nun den Mindestanspruch der Versicherten abwehren wollen, die Leistungen wieder anzuheben. Die Sozialversicherungsbeiträge sind Bestandteil des Lohns. Sie werden, wie bei Versicherungen üblich, im Bedarfsfall – bei Rente, Krankheit oder Arbeitslosigkeit – ausbezahlt. Leider wird dieser Lohnfonds von der Regierung schlecht verwaltet nach der Methode, in schlechten Zeiten die Leistungen kürzen, in besseren – wie jetzt – die Beiträge.

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"Schlecht verwaltet", UZ vom 27. April 2018



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