Hochwasserschutz versagt – Hilfe nur im Wahlkampf

Schlecht geschützt, viel versprochen

Möglicherweise wären weniger Menschen im Hochwasser gestorben, wenn die Behörden die Bevölkerung besser geschützt hätten. Nach Regelungen von 2019 sollen nur die Hochwasserschäden von der Regierung ersetzt werden, gegen die die Geschädigten sich nicht privat versichern konnten. Die Kommunistischen Parteien aus Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden fordern von den Regierungen, die Schäden der Hochwasseropfer vollständig zu ersetzen und die Vorsorge gegen künftige Fluten zu verbessern.

Ein „monumentales Systemversagen“ – so schätzt Hannah Cloke, Hydrologin an der englischen Universität Reading, die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in den Hochwassergebieten ein. Cloke war am Aufbau des „Europäischen Hochwasserwarnsystems“ EFAS beteiligt. Es habe ausreichend genaue Warnungen gegeben, wo mit gefährlichem Hochwasser zu rechnen ist. Sie hätte erwartet, dass die Menschen in Sicherheit gebracht werden, sagte sie der Wochenzeitung „­Politico“. In der belgischen Stadt ­Liège (Lüttich) hatten die Behörden Evakuierungen angeordnet.

Anscheinend wären weniger Menschen durch das Hochwasser gestorben, wenn die zuständigen Behörden den Katastrophenschutz besser vorbereitet hätten. Allerdings seien die Einsatzkräfte für den Katastrophenschutz unterfinanziert, schätzte Michael Holstein, Bürgermeister der Gemeinde Trier-Land ein, die stark vom Hochwasser betroffen war. So seien Einsatzkräfte nur mit Hilfe der Bundeswehr an ihre Einsatzorte gekommen, notwendiges technisches Gerät habe erst in die Region gebracht werden müssen, sagte Holstein dem „SWR“.

„Voraus denken – elementar versichern“: Eine Website des Bayerischen Wirtschaftsministeriums liest sich wie Werbung für Versicherungen gegen „Elementarschäden“, die auch Hochwasserschäden abdecken. 2019 haben die Regierungen Bayerns und Nordrhein-Westfalens beschlossen, dass Hochwasseropfer nur dann Soforthilfen erhalten sollen, wenn sie keine Möglichkeit hatten, sich zu versichern – nur in einzelnen Härtefällen solle trotz fehlender Versicherung staatliche Hilfe gezahlt werden. Weniger als die Hälfte der Hauseigentümer sind gegen Elementarschäden versichert.

Allerdings haben Politiker der Bundes- und der betroffenen Landesregierungen unbürokratische Hilfe für die Opfer des Hochwassers versprochen. Sie wissen, dass es die Bundestagswahl beeinflusst, wie sie sich zu den Hochwasseropfern verhalten – die Medien erinnerten daran, wie Bundeskanzler Gerhard Schröder sich beim Elbehochwasser 2002 in Gummistiefeln filmen ließ, den bisher größten Einsatz von Soldaten im Inland anordnete und anschließend die Bundestagswahl gewann. Am Mittwoch wollte die Bundesregierung erste Zahlungen beschließen.

„Beim Katastrophenschutz sind wir genauso schlecht vorbereitet wie beim Pandemie-Schutz“, ließ sich der SPD-Politiker Karl Lauterbach Anfang der Woche zitieren. Lauterbach hatte daran mitgearbeitet, das Gesundheitswesen mit dem Fallpauschalen-System am Markt auszurichten – er ist also mitverantwortlich für die Probleme im Kampf gegen die Pandemie. Auch bei dem Schutz vor Hochwasser zeigt sich, was es bedeutet, wenn die Regierung an der Infrastruktur spart und stattdessen auf die Leistungen von Versicherungskonzernen setzt.

In einer gemeinsamen Erklärung zeigten die DKP, die Kommunistische Partei Luxemburgs und die Neue Kommunistische Partei der Niederlande ihre Solidarität mit den Hochwasseropfern. Sie forderten, die Hochwasserprävention zu stärken und „alle Möglichkeiten der modernen Wissenschaft, der Hochwasserschutzmethoden und der Raumplanung zum Schutz des Lebens der Menschen“ einzusetzen.

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"Schlecht geschützt, viel versprochen", UZ vom 23. Juli 2021



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