Schere nicht geschlossen

Werner Sarbok zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst

Nach dem Abschluss der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder und Kommunen mussten die Kolleginnen und Kollegen nachrechnen, was der Abschluss für sie bedeutet. Ein großer Teil zeigte sich in ersten Gesprächen mit dem Abschluss zufrieden.

Die Gewerkschaft ver.di hatte mit der Forderung nach 6 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro mehr, einen richtigen Weg eingeschlagen. Sie hat mit eindrucksvollen Streikaktionen hohen Druck aufgebaut und zudem verstanden, eine hohe Akzeptanz der Forderungen und Streiks in der Bevölkerung zu erwirken.

Es muss aber festgehalten werden: Der Abstand zu den Einkommen in der Privatwirtschaft wurde mit diesem Abschluss nicht verringert. Die Einkommensschere im öffentlichen Dienst geht weiter auseinander. Die ungewöhnlich lange Laufzeit birgt die Gefahr, dass wertvolle Mobilisierungs- und Streik­erfahrungen in drei Jahren wieder in Vergessenheit geraten sind.

Die Kolleginnen und Kollegen der unteren Lohngruppen haben sich sicherlich einen besseren Abschluss erhofft. Der Forderung einer Mindesterhöhung des monatlichen Einkommens von 200 Euro steht nun eine reale Erhöhung von vielleicht 85 Euro gegenüber. „Sie können sich bei Kanonen-Uschi und der gesamten GroKo bedanken“, äußerte sich ein ver.di-Kollege.

Tarifverhandlungen sind keine Wunschkonzerte, und die Argumentation der „Arbeitgeber“, es fehle überall an Geld, ist auch nicht sonderlich originär. Aber angesichts sprudelnder Steuereinnahmen wird die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums im öffentlichen Dienst besonders deutlich. Einerseits gräbt die Bundesregierung den Kommunen finanziell weiterhin das Wasser ab, andererseits verschwendet sie gigantische Summen für die Rüstung und verzichtet umgekehrt auf Milliarden, die sie sich durch Besteuerung der Reichen holen könnte. Aber das steht nicht auf ihrer Agenda.

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"Schere nicht geschlossen", UZ vom 27. April 2018



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