Am vergangenen Montag wurde der „1. ÖPNV-Gipfel“ auf Initiative der Gewerkschaft ver.di aus der Taufe gehoben. Doch anders als beim „Autogipfel“, wo die Spitzen der Automobilindustrie ihre Bestellungen direkt im Kanzleramt aufgeben, war für den Öffentlichen Personennahverkehr eher ein das Problem umschreibendes Format vorgesehen.
Und das Problem ist: Es fehlt an allem, vor allem aber an Geld. Die klammen Kommunen sind mit der Aufgabe, ein gutes und sicheres öffentliches Mobilitätsangebot zu machen, überfordert, es fehlt an Personal und die Infrastruktur müsste dringend erneuert und ausgebaut werden. Dazu kommt, dass die Fahrgastzahlen in der Pandemie deutlich zurückgegangen sind und erwartet wird, dass sie nicht von allein wieder auf das vorherige Niveau steigen werden. Wer es sich leisten kann, nimmt lieber das eigene Auto und sitzt im Stau, als sich im Bus stehend anhusten zu lassen – das galt schon immer, jetzt aber erst recht.
Die Kosten und Folgen der Pandemie bringt auch ein „Brandbrief“ von Betriebs- und Personalräten aus 140 Verkehrsunternehmen zur Sprache, den ver.di im Vorfeld des Gipfels veröffentlichte. Darin werden die erwarteten Einnahmeverluste im ÖPNV auf Straße und Schiene für dieses und letztes Jahr auf 6,9 Milliarden Euro beziffert. Zudem stünden den Kommunen 2021 Gewerbesteuerverluste von sieben Milliarden Euro bevor. Würden diese nicht ausgeglichen, dann drohe der Daseinsvorsorge der Rotstift. Dabei betrage der Sanierungsstau im kommunalen ÖPNV bereits mehrere Milliarden Euro, darüber hinaus gebe es einen massiven Fachkräftemangel: „Schon heute fehlen 15.000 Beschäftigte (…). Investitionsbedarfe für emissionsfreie Antriebe gehen in die Millionen.“ Die Fahrgeldeinnahmen deckten nur etwa 49 Prozent der Betriebsausgaben. Gehe den Kommunen das Geld aus, blieben nur Angebotsreduzierungen oder Erhöhungen der Ticketpreise.
Aber nicht wütende Beschäftigte des ÖPNV kamen beim „Gipfel“ zur Sprache, sondern vor allem Politikerinnen und Politiker waren eingeladen, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Unter ihnen Landesverkehrsministers Winfried Hermann (Grüne), der deutlich machte, dass man zumindest in Baden-Württemberg nie wirklich vorhatte, eine Verkehrswende zu vollziehen. Zwar stellte auch er fest, dass die Kommunen die Lasten des ÖPNV nicht alleine stemmen können. Aber er machte auch klar, dass die Landesregierung nicht dazu bereit ist, die nötigen Mittel bereitzustellen. Verschiedene Finanzierungsmodelle seien denkbar – so könne man Nutzer des ÖPNV, Autofahrer oder gleich alle Bürger belasten, nur das Kapital ließ er außen vor. Nebenbei bemerkte er noch, man dürfe den ÖPNV nicht „zu billig“ machen. Die Grünen werden offenbar nicht in Regierungsverantwortung gewählt, um Mobilität sozial zu gestalten.
Wenn dieser „Gipfel“ etwas gebracht hat, dann die Erkenntnis, dass „die Politik“ nicht die Verantwortung für die von ver.di geforderte langfristige Sicherstellung der Finanzierung des ÖPNV übernehmen wird.