Schauen reicht nicht

Werner Sarbok zur Einstellungspraxis der Post

Die Einstellungspraxis der Post ist in die öffentliche Kritik geraten. Wer häufiger krank ist oder angeblich nicht schnell genug arbeitet, erhält keinen festen Arbeitsvertrag. Er oder sie bleibt mit dem sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis in einem Schwebezustand.

Diese Praxis ist nicht erstaunlich. Nur: Die Post ist das erste und einzige Unternehmen, das diese Praxis in der Öffentlichkeit verteidigt. Die anderen handeln nur so und schweigen.

Im Jahr 2001 wurde die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen von der „rot“-grünen Schröder-Regierung im Rahmen ihrer Agendapolitik in Gesetzesform gegossen. Ziel war letztendlich die Verlängerung der Probezeit ins Uferlose und vor allen Dingen die Aufhebung des Kündigungsschutzes für alle Betroffenen.

Die Unternehmen hat es zutiefst erfreut und sie haben diese Möglichkeiten überreichlich ausgeschöpft. Auch dieses Gesetz ist ein wesentlicher Bestandteil der heutigen prekären Arbeitsrealität, der Entrechtung der abhängig Beschäftigten und der Schwächung unserer Gewerkschaften.

Und so ist die SPD einmal mehr in der Bredouille. Hartz & Co haben sie hunderttausende Mitglieder gekostet und ihre Stimmenergebnisse nach unten geschraubt. Nun sei eine Erneuerung der SPD angesagt, folgt man der neuen Vorsitzenden Nahles.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) blinkt schon mal links, will sich für arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen bei der Deutschen Post einsetzen und diese Praxis ändern. Und nicht nur da: „Ich habe angewiesen, dass wir für alle Behörden und Folgebehörden der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der sachgrundlos befristeten Beschäftigungsverhältnisse zum Beispiel einmal durchschauen und dafür sorgen werden, dass die Befristungsquoten gesenkt werden“, äußerte er sich in der ARD.

Einmal durchschauen wird nicht reichen. Da müsste schon der Wille und der Mut zur Veränderung her. Nicht nur bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen, sondern für die gesamte Agendapolitik.

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"Schauen reicht nicht", UZ vom 11. Mai 2018



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