Es gibt nur ein Mazedonien – und das ist griechisch. Das behaupteten Anfang des Monats hunderttausende von Menschen auf den nationalistischen Demonstrationen in Athen und Thessaloniki. Die konservative ND und die faschistische „Goldene Morgendämmerung“ unterstützten die Demonstrationen. Der KKE-Generalsekretär Dimitris Koutsoumbas nannte die Demonstrationen „ein Loblied auf Nationalismus und Chauvinismus“.
Der Komponist Mikis Theodorakis dagegen ließ sich von den Rechten beklatschen: Er hielt die Hauptrede auf der Demonstration in Athen. Die Organisatoren spielten Teile des antifaschistischen Liedzyklus „Romiossini“, den Theodorakis nach Gedichten des kommunistischen Dichters Jannis Ritsos komponiert hatte. Dessen Tochter Eri Ritsou protestierte gegen den Missbrauch des Werkes, während die politischen Erben der Faschisten, die auch Theodorakis selbst gefangen hielten und folterten, seinen Auftritt feierten.
Die UNO nennt Griechenlands Nachbarland „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“ (FYROM), das Land sich selbst „Republik Mazedonien“. Nur: Ohne einen international anerkannten Namen kann es nicht Mitglied der NATO und der EU werden. Der Namensstreit ist die Verkleidung, unter der die Mächtigen darüber verhandeln, wie „FYROM“ in die imperialistischen Blöcke eingebunden werden kann.
Die Chauvinisten beider Seiten schreiben die Geschichte dabei so, wie sie ihnen passt: In Skopje erklären sie sich zu den einzig wahren Erben Alexanders des Großen. Mit der Begründung, die wahren Mazedonier und Erben Alexanders zu sein, haben Reaktionäre im Land schon in der Vergangenheit Gebietsansprüche gegen Griechenland erhoben – dessen nördliche Provinz heißt ebenfalls Mazedonien.
In Athen verkünden die Chauvinisten, dass ganz Mazedonien griechisch sei und unterschlagen dabei, dass ein großer Teil der Menschen, die in der historischen Region Mazedonien leben, slawische Wurzeln hat. Sie werfen damit die Frage auf, ob nicht auch die Teile der historischen Region, die zu anderen Staaten gehören – neben „FYROM“ auch Bulgarien und Albanien – unter griechische Herrschaft kommen sollten.
Die Kommunisten bestehen dagegen darauf, dass die Region, die in der Geschichte Mazedonien genannt wurde, von Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft bevölkert wird und zu unterschiedlichen Staaten gehört. Die Region war ursprünglich von den Osmanen beherrscht worden. Nach dem Niedergang des osmanischen Reiches stritten die Großmächte und lokale Nationalisten über die Grenzen auf dem Balkan – auch um Mazedonien. Als Ergebnis eines Krieges wurde die Region 1913 unter verschiedene Staaten aufgeteilt. Aber nachdem die imperialistischen Mächte Anfang der 1990er Jahre Jugoslawien zerschlagen hatten, waren die Grenzen auf dem Balkan wieder umstritten, damit begann der heutige Streit um den Namen Mazedonien. Die KKE schätzt ein: Wer den Namen Mazedonien anders verwende, als um eine bestimmte Region zu bezeichnen, die zu verschiedenen Staaten gehört, spiele mit der Gefahr, erneut blutige Kämpfe um die Staatsgrenzen anzuzetteln – Schall und Rauch des Namensstreits könnte neues Feuer auf dem Balkan bedeuten.
Die Tsipras-Regierung grenzt sich von den nationalistischen Scharfmachern im Namensstreit ab und verhandelt mit der Nachbarregierung über einen Kompromiss. Bisher hatten, anders als Tsipras, alle griechischen Regierungen verhindert, dass „FYROM“ in NATO und EU aufgenommen wird. Die KKE schätzt ein, dass NATO und EU eine Lösung im Namensstreit brauchen, um „FYROM“ aufnehmen und damit ihre Stellung im strategischen und wirtschaftlichen Kampf mit Russland und China stärken zu können.
Auch die stärksten griechischen Unternehmen versprechen sich von einem solchen Weg mehr als von aggressiven Gebietsansprüchen gegenüber dem Nachbarland: Sie nutzten die Zerschlagung Jugoslawiens, um in den Nachbarländern zu investieren. 95 Prozent der Auslandsinvestitionen griechischer Konzerne fließen nach Südosteuropa, in „FYROM“ sind sie die größte Gruppe ausländischer Investoren. Die Politik der griechischen Regierung nutzt ihnen daher mehr als die aggressiv-nationalistische Hetze der Rechten. Auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ lobt Tsipras für seine „verantwortungsvolle Haltung“, die „FYROM“ den Weg in EU und NATO öffnen könnte.
Die KKE geht davon aus, dass diese imperialistischen Organisationen nicht für friedliche Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern sorgen werden, das zeige sich auch daran, dass die gemeinsame NATO-Mitgliedschaft den Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei nicht gelöst habe. Ihr geht es darum, friedliche Beziehungen zu entwickeln, die Grenzen beider Länder zu garantieren und der chauvinistischen Hetze entgegenzutreten. Dazu sei es nötig, die imperialistischen Bündnisse zu bekämpfen. Für den 27. Februar kündigte sie eine Demonstration auf dem Syntagma-Platz in Athen an.