Zur drohenden Enteignung beim PCK in Schwedt

Sanktionen und Krieg

Medienberichten zufolge sind seit Monaten hochbezahlte Juristen in Ministerien und Universitäten mit der Quadratur des Kreises befasst. Die Aufgabenstellung lautet: Finde einen Weg, um den Mehrheitseigner des Petrochemischen Kombinats (PCK), Rosneft Deutschland, eine Tochter des russischen Rosneft-Konzerns, zu enteignen – möglichst ohne Entschädigung. Auf diesem Weg liegen mehrere Brocken: Das Grundgesetz sieht Enteignungen nur gegen Entschädigung vor, internationale Handelsregeln schützen ausländische Investoren und 1989 haben Deutschland und der Nachfolgestaat der Sowjetunion, die Russische Föderation, in einem „Investitionsschutzabkommen“ diesen Schutz noch einmal feierlich bekräftigt.

Die Verrenkungen, die diese unmögliche Aufgabe nach sich zieht, ähneln denen, die zur Zeit in Brüssel vorgeführt werden. Dort wird unter dem Druck des Dauergläubigers aus Kiew versucht, um jeden Preis an die Einlagen heranzukommen, die russische Banken – unter anderem die Staatsbank – auf Konten europäischer Banken eingezahlt haben. Sie sind seit Frühjahr 2022 im Zuge der völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen Russland eingefroren und ihre Zinsen werden gesondert verbucht. Am 8. Februar forderte der ukrainische Präsident Wladimir Selenski, „alles sollte beschlagnahmt und für die Terrorabwehr verwendet werden“ – also für den Krieg gegen Russland.

Das Sanktionsregime des NATO/USA/EU-Westens nähert sich damit einem neuen kritischen Punkt. Die jetzt in Berlin und Brüssel ernsthaft diskutierten Enteignungsschritte wären ein totaler Bruch aller in Jahrzehnten gewachsenen Handels- und internationalen Rechtsbeziehungen. Alle Welt von Moskau über Peking, Hanoi, Neu Delhi bis Pretoria wüsste danach: Investitionsgarantien des Wertewestens sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind.

Zweitens würde damit klar, dass auch alles Gerede von Sanktionen als friedlicher Alternative zum offenen Krieg Augenwischerei ist. Sanktionen sind historisch im Ersten Weltkrieg als Hilfsmittel der militärischen Auseinandersetzungen in die Welt gekommen. Sie sind ein Waffenbruder. Die jetzt diskutierten Sanktionsmaßnahmen zerreißen internationale Verträge und die deutsche Verfassung. Sie wären ein weiterer Schritt in den Krieg.

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"Sanktionen und Krieg", UZ vom 23. Februar 2024



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