Wirtschaftskrieg gegen Russland ruiniert uns

Sanktionen stoppen

Das alberne Geschwätz darüber, wie man kalt oder lauwarm duschen kann, hat wenigstens den einen Vorteil, dass langsam in unser aller Hirne einsickert, dass die Sanktionen gegen Russland nicht Russland „ruinieren“ (Annalena Baerbock), sondern unsere Geldbeutel und Girokonten leeren werden. Dabei hat der böse Putin bisher nur Andeutungen gemacht, dass die Gasversorgung aus Sibirien auch plötzlich aufhören könnte. Die Sanktionen hat der Westen organisiert, nicht Russland. Russisches Erdöl soll bis Ende des Jahres entbehrlich sein und Gas vielleicht in zwei Jahren, plant Wirtschaftsminister Habeck, und er sagt mittlerweile wie gewohnt nachdenklich, aber laut und deutlich, dass wir für die Kosten aufkommen werden.

Lucas Zeise

Die DKP hatte schon zur Jahreswende eine Kampagne „Energiepreise stoppen“ begonnen – mit der Forderung nach einem gesetzlichen Preisstopp und nach einer Verstaatlichung der Energieversorger. Die Kampagne hat seit damals an Aktualität gewonnen, obwohl die Regierung seitdem einige Maßnahmen zur Preisminderung oder zur Belastungsminderung getroffen hat. Die Energiepreise sind seitdem weiter gestiegen. Es ist an der Zeit, die Forderung nach einem Stopp der NATO- und EU-Sanktionen in die Kampagne aufzunehmen. Sie sind die Hauptursache für die steigenden Preise bei Öl und Gas.

Aber sind die Energiepreise nicht schon im 2. Halbjahr vorigen Jahres kräftig gestiegen und haben die Inflation angetrieben? Ja, so ist es. Beim Erdöl hat in der Vergangenheit das Exportkartell Opec – mal mit Erfolg, mal ohne – durch die Verknappung des Angebots den Preis anzuheben versucht. In den letzten Jahren haben die USA diese Aufgabe mitübernommen und durch Sanktionen erreicht, dass zwei der größten Ölförderländer, Iran und Venezuela, nur noch Bruchteile ihrer Förderung verkaufen konnten. Nach der tiefen Corona-Rezession wirkte sich diese Angebotsverknappung 2021 in schnell steigenden Preisen aus.

Der Erdgaspreis war über Jahrzehnte hinweg viel stabiler als der von Erdöl, vor allem deshalb, weil der weit überwiegende Teil der Erdgaslieferungen durch lang laufende Verträge gesichert war. Bei Erdgas gibt es, anders als beim Öl, regionale Märkte. Dabei werden die USA durch Pipelines aus Kanada relativ billig versorgt, Europa durch Gasleitungen aus den Niederlanden, Norwegen und Algerien, vor allem aber aus Russland. Der steigende Erdgasbedarf in Europa hätte locker durch langfristige Verträge mit Russland gedeckt werden können. Dazu hätte es nicht einmal der zweiten Gaspipeline durch die Ostsee Nord Stream 2 bedurft. Diese Gasleitung traf aber auf den – parteiübergreifenden – Widerstand aus Washington und ist jetzt im Zuge der neuen Sanktionen gestrichen. Längerfristig kann die Gasversorgung Westeuropas durch den Iran, der auf riesigen kaum angezapften Gasvorkommen sitzt, unternommen werden. Das von der französischen Total geplante Projekt wurde aber auf Druck der von den USA durchgesetzten Sanktionen gegen den Iran verboten.

Die Rekordpreise für Erdöl und Erdgas und die allgemeine hohe Inflation sind das direkte Ergebnis der von den USA betriebenen und von der Bundesrepublik akzeptierten Sanktionspolitik, verschärft durch die verrückte Entscheidung, nach jahrelangem Bau die betriebsfertige Gas-Pipeline Nord Stream 2 stillzulegen. Umgekehrt wäre eine Entspannung des Erdöl- und Gasmarktes die Folge, wenn ein Land wie Deutschland Lieferverträge mit Russland, Iran und Venezuela abschließen würde. Die Sanktionen gegen alle diese Länder zu stoppen ist der erfolgversprechende Weg, die allgemeine Inflation zu dämpfen.

Schluss mit der Konfrontationspolitik gegen Russland – Schluss mit den Sanktionen, die uns selbst schaden – Nord Stream 2 in Betrieb nehmen!

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"Sanktionen stoppen", UZ vom 22. Juli 2022



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