Ein reicher Gabentisch für die Polizei

Sächsische Weihnachten

Von Roman Stelzig

In Sachsen werden zurzeit nicht nur neue Minister berufen, die Landesregierung verteilt großzügige Gaben zur Weihnachtszeit. Natürlich keine der Nächstenliebe und des Friedens. Die Zeiten des gottlosen Sozialismus sind vorbei, als die Frauenkirche zwar noch in Trümmern lag, aber die Lichter angezündet waren, Freude durch jeden Raum zog und Weihnachtsfriede verkündet ward, ohne dass permanent „christlich abendländische Werte“ wie zu den Hochzeiten der Kreuzzüge beschworen wurden. Denn das Wort Frieden klang damals nicht wie zynischer Hohn über eine bittere Realität.

Die Geschenke der Landesherren künden von ihren Werten: Zwei Panzerwagen wurden am vergangenen Wochenende an die sächsische Bereitschaftspolizei in Leipzig übergeben. Die lokale Presse ist voll des Lobes: „In keinem der rund 2500 sächsischen Polizeifahrzeuge ist man so sicher unterwegs wie in dem gepanzerten Ungetüm. Sieben Meter lang, sieben Liter Hubraum, 350 PS. Mit ihnen können elf SEK-Beamte einerseits gefahrlos an Einsatzorte gebracht, Verletzte oder Hilfsbedürftige andererseits aus dem Gefahrenbereich gerettet werden“, liest man in der Leipziger Volkszeitung über den „Survivor R“. „Dem Rüstungshersteller Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV) zufolge ist das geländegängige Fahrzeug gegen Beschuss und Sprengmittel gesichert. Die Kabine soll auch Angriffen durch Sturmgewehre des Typs AK-47 standhalten.“

Ja, schwer bewaffnete Menschen mit Sturmgewehren sieht man hierzulande recht oft auf öffentlichen Plätzen, in Zügen, auf Bahnhöfen oder bei Verkehrskontrollen. Solche Polizeistreifen sollen eigentlich für Sicherheit sorgen, nachdem Terroranschläge dank diverser Ermittlungslücken endlich auch deutsche Städte erreicht haben. Sie verbreiten aber beim Publikum ein recht mulmiges Gefühl. Man fragt sich zwar, ob die schweren Jungs und Mädels in ihrer martialischen Ausrüstung die persönliche Reife besitzen, um auch in unübersichtlichen Situationen in einer zivilen Öffentlichkeit besonnen zu reagieren. Aber sollten sie ausgerechnet auf ihre Kollegen schießen – oder wer in des abendländischen Gottes Namen könnte die sächsische Polizei mit chemischen Kampfstoffen und Sturmgewehren bedrohen?

In Leipzig kennt man die Antwort: Linke Autonome. Seit es in den letzten Jahren in der Messestadt zu verschiedenen Ausschreitungen gekommen ist, die ähnlich wie die Proteste gegen den G-20-Gipfel in Hamburg wie nach Drehbuch abliefen, erwägt man in der sächsischen Polizei, mit Gummigeschossen gegen Demonstranten vorzugehen. Es klingt fast eine Träne des Bedauerns mit, wenn Landespolizeipräsident Jürgen Georgie der LVZ über den Zweck des Drehturms auf den Dächern der neuen Panzerwagen sagt: „Ein Maschinengewehr kommt nicht drauf, das gibt das Polizeigesetz nicht her.“ Da entfällt einem selbst als Atheisten ein demütiges: Gott sei Dank!

Zu munterem Schabernack ist Innenminister Marcus Ulbig nach der Bescherung aufgelegt und kalauert, er wäre froh, wenn sich die „Survivor R“ als größte Fehlinvestition des Freistaates erwiesen. Doch wie geschmacklos man das finden mag, ein Funke Wahrheit ist dran: 3 Millionen Euro kosten die beiden Panzer. „Seit 2015 wurden für rund 21,5 Millionen Euro neben den Panzern auch Stichschutz- und Schutzwesten, ballistische Helme, Mitteldistanzwaffen und neue Dienstpistolen angeschafft“, berichtet die LVZ.

Das ist ein hübsches Sümmchen für Kriegsspielzeug unterm Weihnachtsbaum. Eine Landtags-Anfrage des AfD-Abgeordneten André Barth erbrachte im November, dass der Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen 2017 bis Oktober 41,7 Millionen, Leistungen an Asylbewerber 179,6 Millionen, Zuweisungen an andere Bundesländer im Rahmen des Unterdeckungsausgleichs für minderjährige Ausländer 56,7 Millionen und die Erstattung von Jugendhilfe nach Einreise 63,5 Millionen Euro kosteten. Andere Zahlen gab das Finanzministerium zur gleichen Zeit bekannt: Nach Informationen der sächsischen Zeitung müsste Sachsen mehr als 500 Millionen Euro „in fünf Jahren für höhere Gehälter ausgeben, wenn 70 Prozent der jetzt schon tätigen Lehrer bis 46 Jahre verbeamtet werden. Dazu kommen bis 2023 mehr als 400 Millionen Euro, wenn 1.500 Lehrer pro Jahr neu eingestellt werden.“

Aber wer braucht schon Lehrer! Die Polizei bietet schließlich „verdächtig gute Jobs“ und: „Mit diesem Beruf bist du nicht nur dabei, sondern mittendrin im Leben.“

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"Sächsische Weihnachten", UZ vom 22. Dezember 2017



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