Regierung im Freistaat verharmlost fortdauernde rechte Gewalt

Sachsen bleibt seinem Ruf treu

Von Markus Bernhardt

Die Neonazis bleiben in Sachsen weiter aktiv. Unter anderem in Annaberg-Buchholz tauchten in den vergangenen Tagen Strohpuppen mit rechtsextremen Parolen auf. Wie erst jetzt bekannt wurde, waren Neonazis aus den Reihen der neofaschistischen „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) außerdem Anfang dieses Jahres an Ausschreitungen von Rechtsextremen und Hooligans im Leipziger Stadtteil Connewitz beteiligt, bei denen erheblicher Sachschaden entstanden war. Auf eine parlamentarische Anfrage der sächsischen Linkspartei-Abgeordneten Kerstin Köditz antwortete Innenminister Ulbig (CDU) vor wenigen Tagen, dass sich die FKD im Spätsommer und Herbst 2015 mehrfach an Pegida-Versammlungen beteiligt habe. „Zu Details gibt sich der Innenminister unter Verweis auf ‚laufende Ermittlungen‘ wortkarg“, kritisierte Köditz. Gefragt nach Verbindungen zu anderen extrem rechten Strömungen habe es schlicht geheißen, dass Kontakte „in die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene“ bekannt seien. „Das ist eine erneute Verharmlosung“, so Köditz. „Denn tatsächlich soll die FKD mehrfach mit der mutmaßlich rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe Freital“ kooperiert haben, etwa beim Angriff auf das alternative Hausprojekt ‚Mangelwirtschaft‘ im Oktober 2015“, kritisierte die Landtagsabgeordnete. „Wenig Vertrauen erweckend bis inkompetent“ sei außerdem, dass dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen außer einer inzwischen abgeschalteten Facebook-Seite „kein öffentlicher Auftritt“ der FKD bekannt sei. Dabei sei ein Profil der Gruppe im sozialen Netzwerk „VK“ bis heute abrufbar.

Auch Köditz‘ Partei selbst gerät zunehmend ins Visier der rechten Gewalttäter. Insgesamt 40 Mal kam es in diesem Jahr zu Anschlägen auf Büros, Übergriffen auf Wohnungen oder Infostände der Partei. Diese sind keineswegs isoliert von der rechten Grundstimmung in der sächsischen Bevölkerung zu betrachten. So hatte die sächsische Staatsregierung aus CDU und SPD Ende November erstmalig die Ergebnisse des sogenannten Sachsen-Monitor vorgestellt. Dieser umfasst die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, für die im Auftrag der Staatskanzlei vom 8. August bis 4. September 2016 insgesamt 1 013 sächsische Bürgerinnen und Bürger befragt worden waren. Die Ergebnisse sind alarmierend, entsprechen jedoch dem zweifelhaften Ruf, den der Freistaat mittlerweile gemeinhin genießt. So stimmten 58 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die BRD „durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ sei. 39 Prozent der Sachsen finden zudem, dass Muslimen „die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“ sollte. Im Bundesschnitt sind es knapp 16 Prozent. Mehr als die Hälfte der Befragten hätte überdies „ein Problem damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Wohngegend aufhalten“. Bei einer ähnlich formulierten Frage war die Zustimmung bundesweit nur halb so groß.

„Gemessen daran ist das Fazit des Monitors, ‚Ressentiments gegen Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit‘ seien ‚in Teilen der sächsischen Bevölkerung verbreitet‘, Schönfärberei“, kritisierte Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der sächsischen Linksfraktion, die Schlussfolgerungen der repräsentativen Umfrage. Die Erhebung zeige vielmehr, „dass Rassismus mehrheitsfähig wird, dass Rechtsextremismus für viele eine Option ist“, monierte sie.

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"Sachsen bleibt seinem Ruf treu", UZ vom 16. Dezember 2016



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