LNG-Terminals: Kosten explodieren, ausreichende Energie-Versorgung nicht möglich

Russlandhass statt Umweltschutz

Manfred Groll

Deutschland hat sich durch US-Hörigkeit und Russlandhass großer Teile seiner politischen Klasse und die verstärkten Bemühungen, im Windschatten der US Weltmachtstatus zu erlangen, in eine Sackgasse manövriert. Der Lebensstandard der Mehrheit der Bevölkerung sinkt dramatisch, demokratische Rechte werden massiv angegriffen. Durch die Sanktionspolitik gegen Russland kam die zuverlässige Versorgung mit preiswertem russischen Erdgas (Rückgrat unserer industriellen Basis) zum Erliegen. Als Ersatz bieten die USA (worauf sie seit Jahren drängen) ihr mehrfach teureres (ein Faktor 4 bis 7), umwelt- und klimaschädliches Fracking-Gas an, und das in nicht ausreichender Menge.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) hat auf seiner Betteltour zum Großexporteur Katar einen kleinen Erfolg erzielt. Katar wird mit einem Liefervertrag über 15 Jahre gerade mal 2 Millionen Tonnen LNG (entspricht rund 2.8 Milliarden Kubikmeter Erdgas) jährlich liefern. Das sind weniger als 3 Prozent des deutschen Verbrauchs von 2021. Wo die restlichen 97 Prozent herkommen sollen, ist nicht sicher. Fast gleichzeitig hat China mit Katar einen Liefervertrag über 27 Jahre für 108 Millionen Tonnen LNG pro Jahr abgeschlossen.

Eine Infrastruktur zum Anlanden von LNG wird erst aufgebaut. Es sind sieben schwimmende Terminals vorgesehen; das sind Spezialschiffe mit LNG-Speicher und eingebauter Rückverdampfungsanlage. Davon soll je eine in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin Ende 2022 betriebsbereit sein. Für je eine in Wilhelmshaven und Stade sowie die in Lubmin wird als Betriebsbeginn Ende 2023 erwartet. Drei weitere landgebundene Anlagen in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade werden frühestens 2025 betriebsbereit sein. Damit könnten ab Ende 2023 bis zu 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr angelandet werden. Das wären 44 Prozent des Gesamtverbrauchs (2021: 90 Milliarden Kubikmeter). Nord Stream 1 lieferte 2021 circa 60 Milliarden Kubikmeter. Das wegfallende Gas aus der Russischen Föderation kann also nur zu zwei Dritteln ersetzt werden. Erst nach Fertigstellung der stationären Anlagen 2026 wäre ein Ersatz von circa 90 Prozent durch LNG möglich. Eine weitere Unsicherheit liegt in der Verfügbarkeit von Tankerkapazität.

Die Bereitstellung der schwimmenden Terminals liegt im zeitlichen Rahmen. Nicht verwunderlich, da Planungs- und Genehmigungsverfahren stark beschleunigt und Umweltschutzvorschriften locker gehandhabt wurden. Ein krasser Fall ist Wilhelmshaven 1, wenige Kilometer vom Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer entfernt. Das LNG-Schiff war kurzfristig nur zu chartern, weil australische Behörden seine Inbetriebnahme in Australien wegen Umweltunverträglichkeit nicht erlaubten. Die Wiederverdampfungsanlage für LNG wird durch Seewasser beheizt, dem zum Schutz der Verdampferrohre Chlor als Biozid beigefügt wird. Die in Australien vorgesehene Konzentration wurde als fünffach zu hoch abgelehnt. Der Terminalbetreiber Uniper bekam eine doppelt so hohe Konzentration genehmigt.

Die Kosten der LNG-Terminals scheinen zu explodieren. Anschaffung und Unterhalt der Terminals werden mindestens 3.5 Milliarden Euro teurer als geplant. Im Haushalt 2022 sind 6,56 Milliarden Euro veranschlagt statt ursprünglich 2,94 Milliarden Euro. Als wichtiger Kos­tentreiber werden die Mieten für die schwimmenden Terminals genannt (Tagesmiete 200.000 Euro). Zwei Terminals mussten für 15 Jahre statt wie geplant 10 Jahre gemietet werden.

Mit der Sanktionspolitik gegen Russland hat sich Deutschland selbst ins Knie geschossen. Diese Politik richtet sich nicht nur gegen die Lebensgrundlagen der lohnabhängigen Bevölkerung, sondern auch gegen die mittelständischen und Kleinbetriebe. Selbst die energieintensive Großindustrie versucht, ihre Profitraten durch Entlassungen, Betriebs(teil)-schließungen und -verlagerungen ins Ausland zu sichern. Durch Wegfall des Gases aus der Russischen Föderation droht eine erhebliche Deindustrialisierung Deutschlands mit verheerenden Auswirkungen auf die Masse der Bevölkerung in Form von Jobverlust und Verarmung. Es gibt aber auch Nutznießer: Neben dem Militär-Industriellen Komplex sind es auch Energieunternehmen und Anlagenbauer, die blendende Geschäfte machen.

Abhilfe wäre noch möglich: Stopp der Sanktionen und Stopp der Beteiligung am Krieg gegen die Russische Föderation, Aufnahme des Gastransports über Nord Stream 2 (ein Strang blieb bei dem Anschlag unbeschädigt). Aber mit dem Regierungspersonal aus notorischen Russlandhassern und US-Vasallen wird es nicht gehen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Russlandhass statt Umweltschutz", UZ vom 9. Dezember 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit