„Wir wollen der beste Arbeitgeber in Mittelhessen werden“ (“Arbeitgeber“ nennen sich diejenigen, die mit der Arbeit anderer Profit machen) – das verkündigte vor einigen Jahren der Vorstand der Rhön AG, Betreiber des Uniklinikums Gießen/Marburg (UKGM) in einer Neujahrsbotschaft. Die betroff enen Beschäftigten konnten darüber nur den Kopf schütteln. Sie hatten dieses Unternehmen von einer ganz anderen Seite kennengelernt: Arbeitshetze, schlechte Bezahlung, keine Wertschätzung, schlechtes Betriebsklima, kaum Aufstiegschancen.
Seit dem Verkauf der Rhön AG an den Konzern Asklepios (die Rhön AG ist für das UKGM verantwortlich geblieben) ist alles noch schlimmer geworden. In den meisten Kliniken dieses Konzerns gibt es keinen Betriebsrat und keinen Tarifvertrag. Ausgliederung von Teilbereichen, betriebsbedingte Kündigungen, Nichtübernahme von Ausgebildeten u.ä. gehören zum Geschäftsmodell.
Mit dem UKGM hat Asklepios sich aber einen Betrieb eingehandelt, in dem Betriebsräte und Tarifverträge selbstverständlich sind und in dem es eine kampferprobte Belegschaft gibt. Um sich durchzusetzen, betreibt der Konzern eine Hinhaltetaktik. Anfang dieses Jahres erhielt er vom Land Hessen eine Zusage, nach der in den nächsten zehn Jahren 500 Mio. Euro für Investitionen vom Land gezahlt werden sollten. Als Gegenleistung sollte auf Gewinnentnahmen, Ausgliederungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden. Da es Asklepios aber nur um Profit geht, hat der Vorstand die Unterschrift unter dem Vertrag verweigert, zusätzlich wurde ein gültiger Zukunftsvertrag gekündigt. Dagegen wehrt sich das Personal. Im September streikte es erst zwei Tage, ein Teil der Belegschaft fuhr nach Wiesbaden, um vor dem Wissenschaftsministerium Kampfbereitschaft zu demonstrieren. Im Oktober gab es eine „aktive Mittagspause“, bei der 170 Beschäftigte vor dem Haupteingang einen neuen Zukunftsvertrag, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld forderten.
Jetzt schalteten sich auch die Direktoren der Kliniken in Marburg und Gießen ein. Sie wiesen darauf hin, dass die Rhön AG die Zukunft des UKGM und damit die Gesundheitsversorgung in Mittelhessen sowie Forschung und Lehre gefährdet. Für den Fall, dass Asklepios nicht einlenkt, brachten sie die Wiedervergesellschaftung der Kliniken ins Gespräch. Inzwischen trat der Vorstandsvorsitzende der Rhön AG Höftberger zurück und wurde durch einen anderen Asklepios-Manager, Tobias Kaltenbach, ersetzt. Am Geschäftsgebaren des Konzerns wird sich dadurch nichts ändern. Die hessische Landesregierung darf sich nicht weiter auf der Nase herumtanzen lassen. Die Profitorientierung eines Konzerns darf die Krankenversorgung und medizinische Ausbildung in Mittelhessen nicht gefährden.
Das Gießener Echo, Zeitung der DKP Gießen als PDF: