Über Grenzen der Sanktionspolitik

Ruinieren ist anders

Es hatte doch immer so gut funktioniert. Jahrzehntelang hatte der US-geführte Westen das Wohlverhalten des „Rests der Welt“ durch seine gewaltige Finanz- und Wirtschaftsmacht erzwungen. Kaum hatten die asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Staaten unter Inkaufnahme zehntausender, manchmal hunderttausender Opfer ihre koloniale Fremdherrschaft abgeworfen, so waren sie in die Schuldenfalle des Neokolonialismus geraten und mussten sich der Herrschaft des IWF und der Weltbank unterwerfen. Und das bedeutete sozialen Kahlschlag, abhängige Wirtschaft, Schuldenregime.

Genau das hatte man auch mit Russland vor. Man hatte sogar die „Nuclear Option“ gezogen: Den Raub von russischem Auslandsvermögen im Wert von 300 Milliarden US-Dollar und die Blockierung des Zugangs zum internationalen SWIFT-System. Pünktlich zum 80. Jahrestag der Niederlage der Faschisten in Stalingrad hatte Frau von der Leyen das 10. Sanktionspaket angekündigt. Deutsche Panzer werden wieder in Marsch gesetzt. Die Ampel möchte offenbar dort weitermachen, wo Nazi-Deutschlands Panzerarmeen 1943 scheiterten.

Der Erfolg ist überschaubar. Die russische Wirtschaft ist nicht zusammengebrochen. Im Gegenteil. Die russischen Staatseinnahmen sind 2022 durch das Gas- und Ölgeschäft um 28 Prozent gestiegen. Und das, obwohl die USA beinahe die Hälfte der strategischen US-Ölreserven auf den Markt geworfen hatten, um den Preis zu senken. Natürlich machen die Sanktionen der russischen Wirtschaft in vielen Sektoren erheblich zu schaffen, aber unter dem Strich liegt der Wirtschaftseinbruch 2022 selbst nach IWF-Zahlen nur bei 2,2 Prozent. 2023 wird wieder ein leichtes Wachstum von 0,3 Prozent erwartet, 2024 eines von 2,1 Prozent. Nach russischen Zahlen wird für 2023 eine Inflationsrate von rund 5 Prozent erwartet. Das ist besser als die wirtschaftliche Perspektive, die der IWF für Deutschland aufzeigen kann. Vom ökonomischen Zusammenbruch der Ukraine erst gar nicht zu reden. Für Russlands Handels- und Bündnispartner China und Indien wird 2023 ein Wachstum von über 6 Prozent erwartet. Russland wird die rasch wachsenden asiatischen Ökonomien der eurasischen Kooperation mit preiswerter Energie versorgen. Ein Win-Win-Geschäft. Die Zeiten, in denen der Westen den „Rest der Welt“ nach Belieben herumschubsen konnte, sind vorbei.

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"Ruinieren ist anders", UZ vom 10. Februar 2023



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