Kolleginnen und Kollegen der beiden großen Gewerkschaften haben eine Anzahl von Anträgen zur Rüstungskonversion entwickelt. Auf den Kongressen von ver.di und IG Metall im September bzw. Oktober werden sie beraten. Damit sie nicht in der Abstimmungsmaschinerie verschwinden, müssen Delegierte dazu diskutieren um die Anträge bekannt zu machen.
Nicht nur dort – sondern überall, auf allen Ebenen der Gewerkschaft, in der Friedensbewegung, in allen gesellschaftlichen Bereichen wo wir vertreten sind – ist es zielführend, diese Anträge zu diskutieren.
Umstellung von Rüstung und Militär auf sozial nützliche und ökologisch sinnvolle Produktion und Dienstleistungen bei gleichzeitigem Erhalt der Arbeitsplätze ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Niemand kann sich vor der Verantwortung drücken. Wir können diese Herkulesaufgabe nicht allein den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften in Rüstungsindustrie und Bundeswehr überlassen. Um Konzerne wie z. B. den neuen Rüstungsriesen aus Krauss-Maffei Wegmann und Nexter „Newco“ zur Konversion zu drängen, brauchen wir die gesamte Gesellschaft. Denn es geht den Eignern und Aktionären um Profite und den Herrschenden um militärische Macht.
Nun gehen GewerkschafterInnen einen Schritt voran. Ihre Anträge zu lesen, ist eine weitgehend angenehme Lektüre. Auf der Bundesjugendkonferenz von ver.di wurde „Schluss mit der Rüstungsproduktion – Konversion jetzt“ gefordert. Ein entsprechend beschlossener Antrag wurde an den ver.di-Bundeskongress weitergeleitet. Darin wird ver.di aufgefordert, „sich für eine Verstaatlichung aller Rüstungsunternehmen ohne Entschädigung, bei Erhalt aller Arbeitsplätze und Umstellung auf zivile Produktion stark“ zu machen.
Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall werden 24 Anträge im Kapitel „Für eine aktive Friedenspolitik“ zu beraten sein. 18 davon befassen sich mit Rüstungskonversion, Diversifikation und Rüstungsexporten. Ein übereinstimmendes Anliegen in den Anträgen ist der Arbeitsplatzerhalt für die betroffenen KollegInnen bei Umstellung von Rüstung auf zivile Produkte.
Die Aufforderung an den IGM-Vorstand, mit eigenen Aktivitäten eine breite Debatte über Rüstungskonversion und Diversifikation in der IGM und im DGB anzustoßen, ist unübersehbar. Viele Anträge gehen damit über den vom Vorstand vorgelegten Entschließungstext hinaus, der sich lediglich an die Politik wendet: „Die Beschäftigten der Wehr- und Sicherheitsindustrie haben ein Recht auf Planungssicherheit. Hier ist vor allem die Politik gefordert, alternative Projekte und die Erschließung ziviler Märkte voranzutreiben.“
In den Anträgen werden Initiativen vom Vorstand der IGM verlangt, u. a.:
- Entwicklung eines industriepolitischen Konzepts zur Konversion und Diversifikation gemeinsam mit den Betriebsräten und Vertrauensleuten der Rüstungsbetriebe. Die Beschäftigten der betroffenen Betriebe sind in eine nachhaltige Konversionsdebatte einzubinden und WissenschaftlerInnen zu beteiligen
- eine Koordinierungsstelle Konversion und Umstellungsausschüsse bzw. Arbeitskreise „Alternative Fertigung“ auf allen Ebenen der IG Metall einzurichten
- eine Fachtagung zum Thema Rüstungskonversion zu organisieren und konkrete Projekte zur Rüstungskonversion zu starten mit schrittweiser Umstellung auf zivile Güter mit evtl. Arbeitszeitverkürzung, um Arbeitsplätze zu sichern
- das vorhandene „Aktionsprogramm Rüstungskonversion“ zu aktualisieren
- die Produktion von Drohnen, die zur Kriegsführung geeignet sind, abzulehnen
- den Strukturwandel in der Branche zu begleiten.
Auf Rüstungsunternehmen soll eingewirkt werden, dass
- paritätisch besetzte Umstellungsausschüsse aus Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgebern eingerichtet werden, die die Möglichkeit zur Umstellung untersuchen und die Durchsetzung einleiten
- sie sich von Rüstungsaufträgen unabhängig machen.
Bei der Bundesregierung soll der Vorstand sich dafür einsetzen, dass
- die Rüstungsausgaben deutlich gesenkt werden
- Rüstungsexporte in Krisenländer unterlassen werden, eine gesetzliche Einschränkung erfolgt und schließlich Rüstungsexporte ganz abgeschafft werden
- Rüstungsexporte nicht mit Steuergeldern finanziert werden
- Rüstungskonversion und Diversifikation sollen mit einem Fonds unterstützt werden, in dem auch Betriebsräte und IG Metall antragsberechtigt und im Fondsbeirat vertreten sind. So soll ein sozial flankierter Strukturwandel erfolgen, den die Beschäftigten mitgestalten können und der nicht zu ihren Lasten geht
- ein Branchenrat bzw. ein institutionalisierter industriepolitischer Dialog von Regierung, Unternehmen, Wissenschaft, Gewerkschaft und Betriebsräten geschaffen wird, um Themen der Sicherheits- und Wehrtechnischen Industrie zu bearbeiten
- Planungssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte bezüglich der Ausrüstung der Bundeswehr geschaffen wird
Nun ist ja bekannt, dass Anträge das eine, Handeln aber das andere ist. Ein Anstoß für die Möglichkeiten der Konversion ohne Arbeitsplatzabbau wäre eine breit getragene Debatte auf jeden Fall. Zu den Anträgen organisierte Veranstaltungen auf Ortsebene – mit oder ohne Delegierte – werden die Konversionsdiskussion auch innerhalb der betroffenen Beschäftigten unterstützen. Bei den örtlichen Gewerkschaften wird man die Anträge erhalten können.
Es ist ein heißes Eisen für die IG Metall, „den Widerspruch zwischen dem friedenspolitischen Engagement der Gewerkschaften und dem Erhalt der Arbeitsplätze aufzuheben“. Wünsche nach Maßnahmen wie „die Konsolidierung der notwendigen wehrtechnischen Industrie in Europa zu begleiten und Vorschläge für die Weiterentwicklung zu machen“, machen das deutlich. An anderer Stelle heißt es: „Innerhalb der Branche nimmt die Verunsicherung wegen der Streichung bzw. Streckung von Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr zu. Wenn in Deutschland der Spielraum künftig enger wird, wird sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf die Auslandsmärkte richten.“
Wir sollten die Konversionsdebatte auf den Gewerkschaftskongressen nutzen, um sie über die Delegierten hinaus bekannt zu machen. Mit ihr können wir unseren KollegInnen der Branche Wege jenseits von Rüstungsproduktion und Arbeitslosigkeit zeigen.