Teilnehmer von Kinderferienlager solidarisieren sich mit Besetzern im Altendorfer Wald

Rote Peperoni auf den Bäumen

Hoch über dem wunderschönen Donautal bei Stetten am kalten Markt fand dieses Jahr in den ersten zwei baden-württembergischen Sommerferienwochen das Kinderferienlager der Roten Peperoni statt. Der Beiname des Ortes war die ersten zehn Tage leider beherrschend – es war kalt, regnerisch und stürmisch. Der guten Laune der Kinder konnte das Wetter aber nichts anhaben. Sie genossen die Zeit trotzdem, sei es bei den kunterbunten Bastelangeboten, beim Sport, bei Gelände- und Gemeinschaftsspielen, beim Wandern, beim Tischtennisspielen, am Lagerfeuer mit Stockbrot und den Pepo-Liedern mit Gitarrenbegleitung oder bei gruseligen Nachtwanderungen.

Passend zum Jahresthema „Kein Planet B – Wir kämpfen für unsere Zukunft!“ wurde als Soli-Projekt die Unterstützung der Waldbesetzung im Altdorfer Wald – kurz Alti genannt – bei Ravensburg gewählt. Dieser Wald ist das größte zusammenhängende Waldgebiet in Oberschwaben und hat damit starken Einfluss auf das regionale Klima. Dort haben Klimaschützer im Dezember 2020 ein Klimacamp als Baumhausdorf errichtet, um den gesunden Wald vor Rodung wegen Kiesabbau und das Trinkwasserschutzgebiet vor Verschmutzung zu schützen. Zwei Aktivisten kamen ins Ferienlager und berichteten sehr anschaulich und eindrucksvoll über ihren Widerstand. Interessiert hörten die Kinder zu und stellten Fragen über Fragen. Auch der Dokumentarfilm „Von Menschen, die auf Bäume steigen“, der über den Widerstand im „Alti“ berichtet, wurde von den Kindern aufmerksam angeschaut. Themeneinheiten und ein gemeinsames Geländespiel vermittelten Wissen über Treibhausgas-Emissionen, ihre Auswirkungen auf das Klima, die Kipppunkte, über Ursachen und Profiteure der Umweltverschmutzung, wer warum und wie die öffentliche Meinung beeinflusst und vieles mehr. Damit wurden die Grundlagen erarbeitet für die große Aktion.

Denn dann ging‘s rund im Camp. Ein angrenzendes Waldstück neben dem Zeltlager war plötzlich mit weiß-rotem Flatterband abgesperrt und ein Hinweisschild kündigte die Rodung an. Der „Bürgermeister“ kam und informierte über die Rodung und verteidigte sie vehement. Klar, dass da die Empörung groß war und klar war auch, dass die Peperoni dies verhindern müssen. Ein Aktionsplan wurde ausgeheckt, sechs Gruppen mit unterschiedlichen Aufgaben gebildet wie Aktionsleitung, Klettergruppe, Sitzblockade, Versorger und so weiter. Es wurden Plakate und Transparente gemalt: „Unser Wald bleibt“, „Ihr ruiniert das Klima“, „Klima retten“, „Dieser Baum ist besetzt“, „Geld rettet nicht die Welt“, „Wald statt Asphalt“ … Dann besetzten Kinder mit Klettergurt und Sicherungsseilen Bäume, andere ketteten sich an Bäume an und die restlichen machten eine Sitzblockade. Die „Polizei“ kam und forderte zur Räumung auf, es gab Rangeleien und Verhaftungen. In der „Zebra“, der Tageszeitung des Ferienlagers, hieß es: „Die Waldbesetzung hatte Erfolg. Trotz Verhaftungen und Verletzungen haben wir so lange Widerstand geleistet, bis wir eine offizielle Bestätigung für das Ausfallen der Rodungsarbeiten bekommen haben.“ Dieser Aktionstag war der Höhepunkt und hat allen Kindern und auch den Betreuern großen Spaß gemacht. Von den Erfahrungen und dem Erfolg des gemeinsamen Handelns werden die Kinder sicher noch lange zehren und oft berichten. Kurzum, ein interessantes, spaßiges, lehrreiches Camp. Auf zur Herbstfreizeit Ende Oktober in Rottweil.

rotepeperoni.de/freizeiten

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"Rote Peperoni auf den Bäumen", UZ vom 1. September 2023



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