Rolli hat bleibende politische Erfahrungen hinterlassen

Von Heinz Stehr

Rolf Jürgen Priemer kommt aus einer kommunistischen Familie in Bremen, seine Mutter Lisbeth de Vries war eine bekannte kommunistische Persönlichkeit, voller Kraft und Temperament kämpfte sie für die sozialen und politischen Rechte der Arbeiterklasse. Sie prägte Rolli schon in früher Kindheit und Jugend. In den harten Jahren der Nachkriegszeit lernte Rolli die Folgen des Krieges kennen. Not, Armut und auch Hunger waren ständige Begleiter vieler Familien.

Kurz nach der Befreiung vom Faschismus durch die Alliierten begann sich erneut Antikommunismus, Rassismus, Faschismus in der bundesdeutschen Gesellschaft zu etablieren. Als Kind und Jugendlicher war Rolli in dem Kampf für Frieden, gegen Remilitarisierung, für die Wiedervereinigung Deutschlands einbezogen. Die Folgen der widerrechtlichen Verbote der FDJ 1951 und der KPD 1956 prägten das Leben in vielen kommunistischen Familien jener Zeit. Rolf wurde 1960 Mitglied der illegalen KPD.

Als er den Beruf des Schriftsetzers erlernte, war er konfrontiert mit der Herausforderungen, für seine Rechte im Betrieb zu kämpfen. Diese Erfahrungen prägten ihn auch zwischen 1968 und 1974 in seiner Zeit als Vorsitzender der SDAJ, deren Mitbegründer er 1968 war. Die KPD unterstützte die Gründung dieses revolutionären sozialistischen Jugendverbandes. Die Partei hatte unter illegalen Bedingungen Voraussetzungen geschaffen, die SDAJ als bundesweite Organisation, als eigenständigen marxistischen Jugendverband aufzubauen.

In den Zeiten der „68“-Bewegungen konnten junge Genossinnen und Genossen wertvolle Beiträge zur politischen Ausrichtung auf Klassenpositionen und Internationalismus einbringen. Unter Rollis Leitung erwarb sich die SDAJ Ansehen, das Jugendmagazin Elan war ein fester Bestandteil in vielen Bewegungen und bei Aktionen. Er wirkte für eine Zusammenarbeit mit dem MSB Spartakus.

„Soldat 70“, Weltfestspiele der Jugend und Studenten, Vietnam-Solidarität, die Forderung nach völkerrechtlicher Anerkennung der DDR prägten Aktionen. Der Schwerpunkt war der Kampf für eine bessere qualifizierte Berufsausbildung, für Bildung, Frieden und sinnvolle Freizeit gegen Faschismus – für die „5 Grundrechte der Jugend“.

Rolli wurde nach Beendigung seiner Tätigkeit in der SDAJ ein wichtiger Funktionär in der DKP, er brachte die Erfahrungen aus dem Kampf der Jugend in die Parteiführung ein. Als Mitglied des Präsidiums und Sekretariats des Parteivorstandes der DKP und später als Vorsitzender der DKP im Saarland orientierte er politisch und entwickelte dabei auch neue Ideen Politik massenwirksamer umzusetzen.

1989/90 erlebte er dann das zunächst Unfassbare – den Zusammenbruch und die Zerschlagung des Sozialismus in Europa. Die DKP, bisher immer offensiv agierend, bis dahin ständig wachsend, musste nun um das Überleben als bundesweite kommunistische Partei kämpfen. Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten zur Zukunft kommunistischer Politik und Organisation prägten die Situation in der DKP.

Die junge Generation war gefordert. Rolli war der erfahrenste unter den vier Sprecherinnen und Sprechern, die jetzt die Partei leiteten. Es mussten politische Antworten und Lösungen für diese existentielle Kreise erarbeitet werden, die Organisation war zu stabilisieren, um politisch überleben zu können, die Finanzierung. der Arbeit war zu organisieren, mit ganz wenig hauptamtlicher Tätigkeit musste ein Neuanfang organisiert werden – ohne Rolli war all das nur schwer vorstellbar zu leisten.

Manches wurde geschafft, die UZ konnte als Wochenzeitung wieder erscheinen, die Marxistischen Blätter konnten unterstützt werden, die DKP blieb als bundesweite politische Kraft erhalten und griff erneut in die politischen Auseinandersetzungen ein. Die SDAJ musste nach dem Auflösungsbeschluss der Mehrheit neu aufgebaut werden. Die DKP war gefordert, Solidarität gegen die Verfolgung von Genossen aus der DDR zu organisieren. Sie leistete Solidarität für das Überleben des sozialistischen Kubas u. a. mit dem Bau von Arztpraxen und Kliniken.

Die ideologische Arbeit wurde neu entwickelt, ein neues Statut und 2006 ein neues Programm waren Ergebnisse harter Arbeit, die auch international Beachtung fand. Die DKP war in Bewegungen anerkannter Partner, ihre Mitglieder übten vielfach wichtige Funktionen im Betrieb und Gewerkschaft aus. Rolf war als stellvertretender Vorsitzender und Org-Sekretär und später als UZ-Chefredakteur maßgeblich am Erhalt und an der Erneuerung der DKP beteiligt. Diese arbeitsintensive Zeit hinterließ Spuren und forderte ihren Preis auch in der gesundheitlichen Verfassung.

Auch nach seinem Ausscheiden aus der Tätigkeit in der Partei 2008 blieb er politisch präsent, vor allem in „seiner“ UZ, wöchentlich nachlesbar. Nach dem Parteitag 2012 engagierte sich Rolf für das Programm der DKP, das Statut und das daraus resultierende politische Selbstverständnis der Partei. Rolli war ein Kommunist, der den Kampf um demokratischen und gesellschaftlichen Fortschritt lebte und dies mit dem sozialistischen Ziel verband Mit seiner Bescheidenheit, Geradlinigkeit, seinem tiefen politischen Verständnis hat er uns ein umfassendes Erbe hinterlassen.

Wir trauern mit seiner Frau Raja, ihren beiden Söhnen Falk und Timo und der Familie.

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"Rolli hat bleibende politische Erfahrungen hinterlassen", UZ vom 3. Februar 2017



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