Zum Außenministergipfel der USA und ihrer Verbündeten

Risse im imperialen Block?

Nach einer der schwersten Niederlagen in der Geschichte ist der Abstimmungs- und Orientierungsbedarf in Washington und bei seinen „Schlüsselpartner“ genannten Vasallen groß. Nach Angaben des US-Außenministeriums nahmen am 30. August Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Britannien, Italien, Japan, Kanada, Katar, der Türkei, der NATO und der EU an einer von US-Außenminister Antony Blinken einberufenen Videokonferenz teil.

Klar wurde: Die Biden-Regierung ist selbstredend meilenweit davon entfernt, ihre katastrophale Niederlage als solche anzuerkennen und daraus sinnvolle Schlüsse zu ziehen. In einem 17-minütigen Statement nach der Konferenz, in dem Blinken so etwas wie die Linie für die kommenden Wochen und Monate darlegte, versuchte er zunächst, das Chaos am Kabuler Flughafen als heroische Aktion des US-State Department zu verkaufen. Die diplomatische Vertretung sei nun nach Doha (Katar) verlegt worden. Die Hilfe für ausreisewillige US-Bürger und zu „Ortskräften“ geadelten afghanischen Kollaborateuren werde weitergehen. Man werde die Taliban beim Wort nehmen und verantwortlich machen, damit die Zusagen, die sie in Bezug auf die ungehinderte Ausreise getroffen hätten, auch eingehalten würden. Die USA würden auch weiterhin ihren Kampf gegen den Terrorismus, insbesondere gegen Al-Kaida und ISIS-K, fortsetzen. Die Rolle, welche die CIA bei der Erschaffung und Ausrüstung dieser Gruppierungen gespielt hat, war natürlich kein Thema. Die Arbeit der USA in Afghanistan werde fortgesetzt. Das leitende Moment dabei sei das „vitale nationale Interesse“. Blinken folgte damit einer Formulierung Bidens, der, sehr zum Ärger der Europäer, ebenfalls Nation Building und Demokratie-Promotion von der Agenda gestrichen und damit dem in Europa so beliebten Menschenrechtsinterventionismus in gewisser Weise den Boden entzogen hatte.

Die Taliban, so Blinken, müssten sich ihre Anerkennung erst verdienen. Natürlich, indem sie die Vorgaben aus Washington erfüllen. Dann sei man auch zur humanitären Hilfe bereit. Allerdings nicht mit Hilfe der neuen Regierung, sondern über Hilfsorganisationen und NGOs. Die neue Frontstellung ist die alte, auch wenn die militärischen Mittel nun durch finanzielle, wie das Einfrieren der afghanischen Guthaben, ersetzt werden. Inwieweit die Europäer auch dieser Wendung folgen werden, bleibt abzuwarten. Washington treibt die Taliban geradezu nach Moskau, Peking, Teheran und Islamabad.

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"Risse im imperialen Block?", UZ vom 3. September 2021



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