Wie so oft im „Vorfeld“ vermelden auch diesmal die Medien vornehmlich Hiobsbotschaften. Zugegeben: Vor einigen Tagen stürzte ein eben errichteter Küstenradweg ein, aber in einem Land, in dem der Flughafen der Hauptstadt mit mindestens sechsjähriger Verspätung eröffnet wird, sollte man sich darüber nicht so ereifern, wie es „Bild“ (27.4.16) zum Beispiel tat: „100 Tage vor Olympia – und noch 1 000 Probleme – Bau-Pfusch, politisches Chaos, Zika und eine Kloake als Sportstätte: In Rio de Janeiro drohen Jammer- statt Sommerspiele. ‚Ich wünschte, diese verdammten Olympischen Spiele würden ausfallen!‘ Wutentbrannt schimpfte ein ‚Carioca‘, ein Bewohner Rios, vor wenigen Tagen in die TV-Kameras. Mit seiner Wut ist er am Zuckerhut nicht allein. Goldene Zeiten hatte man der Metropole vorausgesagt, als klar wurde, dass mit dem Weltjugendtag 2013, dem Fußball-WM-Finale 2014 und als Krönung den Olympischen Sommerspielen 2016 gleich drei Weltereignisse an der Copacabana steigen würden (…) Jetzt, 100 Tage vor der Olympia-Eröffnung, ist die Ernüchterung groß und die Stimmung so grau wie die derzeitigen Regenwolken über der Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt. Jüngster Grund der Depression: Eine starke Welle reichte aus, um ein 50 Meter langes Teilstück des Olympia-Küstenradwegs einstürzen zu lassen. (…) Die Lagunen um das Olympische Dorf und die olympische Ruderstrecke sind weiter verdreckt. (…) Noch dramatischer ist die Wasserqualität im Segelrevier, der malerischen Guanabara-Bucht. Fäkalien und multiresistente Keime – Wassertests fielen bisher katastrophal aus. Wegen der Wirtschaftskrise sind die Kassen leer; rund fünf Milliarden Euro Steuern fehlen 2016. Rio lebt vom Öl- und Gasgeschäft, doch die Energiepreise sind abgestürzt. (…) Lehrer streiken, Krankenhäuser machen dicht. (…) Die letzten Reserven hat das Land nun in die Fertigstellung der U-Bahn gesteckt. Sie soll Mitte Juli, drei Wochen vor Olympia, fertig werden. Wenn nicht, müssen Touristen mit Pendelbussen zum 40 Kilometer vom Zentrum entfernt liegenden Olympiapark anreisen.“
„Bild“ sparte also nicht am vorolympischen Katastrophenbild und tat obendrein so, als würden in der Bundesrepublik weder Lehrer, noch Krankenschwestern und Ärzte streiken und als wäre „Armut“ in der BRD ein Fremdwort. Wer einen Blick in die Geschichte der Olympischen Spiele wirft, würde erfahren, dass Montreal – Ausrichter der Spiele 1976 – 30 Jahre brauchte, um die letzten Schulden zu begleichen. Die Baukosten waren dort von den ursprünglich veranschlagten 250 Millionen auf 700 Millionen Dollar gestiegen. Die Kanadier wollten damals sogar die Schwimmwettbewerbe erst im Herbst austragen, was das IOC aber ablehnte. Dass Olympia für die Gastgeberstädte längst ein Defizit-Unternehmen ist, wissen viele. Was wiederum nicht heißt, dass niemand an ihnen verdient. Die Sponsoren – in Rio: Nissan, Bradesco, Coca Cola, Atos, Dow, General Electric, McDonalds, Omega, Panasonic, Procter & Gamble, Samsung, Visa – zahlen zwar in die Olympiakasse, sind aber am Ende die großen Gewinner, weil die Werbung unter den fünf Ringen zu enormen Gewinnen führt. Aber: Auch wenn das Fest Mängel aufweisen sollte, es bleibt in einer Welt der mordenden Kriege und der Millionen Flüchtlinge ein Fest des Friedens! Zum Beispiel: Die Idee des IOC, in Rio eine Mannschaft der aus ihrer Heimat vertriebenen Flüchtlinge starten zu lassen, dürfte dazu beitragen. Das wurde bei „Bild“ natürlich nicht erwähnt.