Die militärische Planung für eine Intervention in Niger sei abgeschlossen, hat die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) am Freitag in Abuja nach einem Treffen der Generalstabschefs der ECOWAS-Mitgliedsstaaten erklärt. Der Kommissar für Politische Angelegenheiten und Sicherheit des Staatenverbunds, Abdel-Fatau Musah, sagte: „Alle Elemente einer möglichen Intervention wurden bei diesem Treffen ausgearbeitet, einschließlich der erforderlichen Ressourcen, aber auch wie und wann wir die Streitkräfte einsetzen werden.“ Wann und wo genau man zuschlagen werde, teile man den Putschisten nicht mit.
Die Regierungen der ECOWAS-Mitgliedsstaaten Elfenbeinküste, Nigeria und Senegal hatten zuvor angekündigt, eine militärische Intervention in Niger zu unterstützen. Nigerias Präsident Bola Tinubu allerdings scheiterte am Samstag mit seinem Versuch, die vorgeschriebene Zustimmung des Senats zur Entsendung von Truppen zu erhalten. Mehr als 90 Prozent der Senatoren sei gegen einen Kriegseinsatz in Niger, meldete das nigerianische Online-Magazin Premium Times.
Nigeria hat das größte Militär Westafrikas: mit 223.000 Soldaten viermal so viele wie Burkina Faso, Guinea, Mali und Niger zusammen. Diese vier Länder hatten Niger militärische Unterstützung für den Fall einer ausländischen Militärintervention zugesagt.
Mehrere der Senatoren, die gegen eine Intervention im Nachbarland sind, begründeten ihre Ablehnung damit, Nigeria müsse seine begrenzten Ressourcen darauf verwenden, die vielen eigenen Probleme zu lösen. Femi Fani-Kayode, Publizist der Regierungspartei All Progressives Congress (APC), antwortete darauf: „Wir mögen zu Hause Probleme haben, aber bei Krieg gegen fremde Armeen in fremden Ländern wurden wir nie besiegt.“ Ein Angriff auf Nigeria würde Burkina Faso, Mali und Niger „teuer zu stehen kommen“.
Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna sagte am Samstag, man werde alle Bemühungen unterstützen, den Putsch zum Scheitern zu bringen.
Niger hatte am Donnerstag fünf Militärabkommen mit Frankreich gekündigt, darunter die Vereinbarungen, auf deren Grundlage Frankreich 1.500 Soldaten in Niger stationiert und dort Krieg gegen islamistische Terroristen führt. Die französische Regierung ignoriert die Kündigung der Abkommen. Nur die demokratisch legitimierte Regierung des gestürzten Präsidenten Mohammed Bazoum könne die Abkommen kündigen, hieß es aus Paris.
Die Putschregierung unter General Abdourahamane Tiani hat die Botschafter Nigers in Frankreich, den USA, Togo und Nigeria abgesetzt und den Zugang zu den französischen Sendern RFI und France 24 gesperrt. Zur Zukunft der US-Militärbasen in Niger hat sich Tiani bislang noch nicht geäußert.
Aus Tschad und Algerien kamen Warnungen vor einer Militärintervention in Niger. Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune bezeichnete eine ECOWAS-Intervention am Samstag als „direkte Bedrohung Algeriens. Wir lehnen jede Militärintervention kategorisch ab.“ Mit Verweis auf Libyen und Syrien fragte Tebboune rhetorisch: „In welcher Situation sind heute die Länder, in denen militärisch interveniert wurde?“ Im Falle einer Intervention fange der gesamte Sahel Feuer, warnte er. Niger müsse zu legitimen Institutionen zurückkehren, Algerien allerdings wende keine Gewalt gegen seine Nachbarn an. Italiens Außenminister Antonio Tajani erneuerte seine Warnung vor einer militärischen Intervention. Der einzige Weg, zur verfassungsgemäßen Ordnung zurückzukehren, sei der diplomatische.
Das ECOWAS-Ultimatum an Niger, General Tiani habe den Putsch rückgängig zu machen, Mohammed Bazoum freizulassen und wieder als Präsidenten zu installieren, lief gestern ab. Ein „Vermittlungsversuch“ seitens ECOWAS war am Donnerstag gescheitert. Die ECOWAS-Delegation, angeführt von Nigerias ehemaligem Staatschef Abdulsalami Abubakar, wurde weder von Tiani empfangen noch zu Bazoum vorgelassen.
Mehrere Tausend Unterstützer des Militärputsches trafen sich am Sonntag im Stadion Général Seyni Kountché in Niamey, dem größten Stadion Nigers. Dort überbrachte Brigadegeneral Mohamed Toumba eine Nachricht von Tiani: Nachdem man so weit gekommen sei, könne man nicht mehr aufgeben.
In der Nacht auf Montag schloss Niger seinen Luftraum für sämtliche Flugzeuge. Der Schritt gelte „bis auf Weiteres“ und wurde mit der „Gefahr einer Intervention“ begründet.