Wer sich in den letzten zwei Jahren ein BVB-Trikot hat beflocken lassen, hat definitiv russisches Roulette gespielt. Folgende Trikots kann man nun für’n Appel ohne Ei auf dem Flohmarkt verkloppen: Alcacer, Bruun Larsen, Diallo, Isak, Kagawa, Passlack, Philipp, Pulisic, Rode, Sahin, Schürrle, Toljan, Toprak, Weigl, Wolf (Aufzählung aus dem Kopf). Das sind 15 (!) Spieler, die der BVB, aus welchen Gründen auch immer, verkauft oder verliehen hat. Dafür laufen nun, auch hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit, diese Herren neu auf dem Rasen rum: Baleri, Brandt, Can, Haaland, Hakimi, Hazard, Hummels, Morey, Reyna, Schulz. Toll. Der BVB ist mittlerweile ein gerne genommener Durchgangsverein für Profis. Über den Daumen gepeilt zahlt die Borussia 120 Millionen Euro im Jahr, nur an Gehältern. Kontinuität in der Mannschaft? Identifikation der Spieler mit Verein und Fans? Null. Rettungslos das Ganze.
So spielte der „neue“ BVB (Marktwert 616 Millionen) gegen Eisern Union (Marktwert 43 Millionen) erwartungsgemäß 5:0. Einmal mehr brillierten Jason Sancho (19 Jahre) und Erling Haaland (ebenfalls 19), wohl die zur Zeit besten zwei Teenager im Profifußball. Gartenbro A. und ich waren mal wieder in der alten Kneipe, am Tisch mit der schönen M., ihrem Vater, C. mit der Glatze und M. mit dem kaputten Herzen. U., der Mann ohne Zähne, war mittlerweile im betreuten Wohnen angekommen und hatte anscheinend Stubenarrest. Das erste Tor wurde so emotionslos mitgenommen, dass ich pöbelte, ob denn hier wohl nicht mehr abgeklatscht würde nach Toren. Danach wurde wieder eingeschlagen und die Stimmung war nach dem fünften Tor und einer Gratis-Wodka-Runde des Wirtes fast wie früher. Auf dem Weg nach Hause hatte ich leicht runde Schuhe, kein Wunder, drei Bier, ein Wodka und das Abendessen hatte mich noch nicht erreicht. Und die schöne M. und ich? Gingen auf getrennten Wegen in die gleiche Richtung. Rettungslos das Ganze.
Und sonst? Gladbach klaute sich im Spitzenspiel gegen Leipzig selber zwei Punkte. Nach überragender 2:0-Führung ließen sie durch dumme Fehlpässe, unnötige Fouls und einen Aussetzer von Alassane Pléa noch zwei Tore zu. Pléa hatte wegen eines nicht gegebenen Fouls so lange gemeckert, bis er erst Gelb und dann Gelbrot bekam. Harte Entscheidung, aber richtig so. Ich hasse dieses sinnlose Reklamieren. Wann hat ein Schiri jemals wegen dummen Meckerns eine Entscheidung zurückgenommen? Noch nie. Andererseits: Gut fände ich eine Art grüne Karte bei diesen Aktionen: Eine Zeitstrafe: 10 Minuten zum Beispiel, danach darf der Spieler wieder aufs Feld. Könnte was bewirken. Hoffenheim schlug derweil Leverkusen, erstaunlich. Düsseldorf ermauerte ein 1:1 gegen Frankfurt und Bayern machte ohne große Anstrengung Mainz nieder (3:1). Werder unterlag auch in Augsburg (1:2) und hat jetzt bereits Platz 16 inne. Das ist traurig, denn ich mochte die schon immer. Ich hatte insgesamt maximal mittelmäßig getippt und nun bereits 35 Punkte Abstand auf den ersten Platz der Tipprunde. Ziemlich sicher: Rettungslos das Ganze.
Nach dem Spiel ging ich noch leicht angeschickert in den Rewe, Abendessen kaufen. Eine äußerst angenehme Frau in der Schlange neben mir alberte mit einem fremden Kind vor ihr herum. Ich musste lachen, sie strahlte: „Ach wie schön, wenn Erwachsene auch noch Humor haben.“ Ich: „Aber hallo, jede Menge!“ Wendete mich zur Kasse, zahlte und lief schnell nach Hause. Für so eine schlechte Chancenverwertung wurden der deutschen Sprache kurze, klare Sätze gegeben: Rettungslos das Ganze.