Trump will Einfuhrzoll auf Stahl und Aluminium

Rettung der US-Industrie?

Von Klaus Wagener

Präsident Trump hat Verwegenes vor. Er ist offenbar entschlossen, seinen Wahlversprechen Taten folgen zu lassen. Trump hatte schon lange das hohe Außenhandelsdefizit der USA von aktuell 566 Mrd. Dollar im Jahr kritisiert. Da dieses Defizit nicht durch Exporte ausgeglichen werden kann, muss sich das Land in gleicher Höhe verschulden. Das ging mehr als zwei Jahrzehnte gut. Doch Schulden akkumulieren sich. Bei Staatsschulden von mehr als 20 Billionen Dollar scheint Trump hier nun ein Problem erkennen zu wollen. Er hat Zölle auf Stahl von 25 und auf Aluminium von 10 Prozent angekündigt. Das ist natürlich gegen die neoliberalen Spielregeln. Entsprechend lautstark die Reaktionen der bisherigen Gewinner in diesem Spiel.

Imperien (zumindest im Kapitalismus) entstehen dadurch, dass die eigene Industrie so lange mit Zöllen geschützt werden kann, bis sie international weitgehend konkurrenzlos ist. Dann darf die Freihandelsfanfare geblasen werden und jeder, der sich dem Freihandelsgebot nicht unterwirft und ebenfalls seine heimische Industrie zu schützen trachtet, wird umgehend zu einem Verbrecher am globalen Wohlstand. Ein Schurke, dem, wenn nichts anderes hilft, mit Waffengewalt die Regeln von „Freedom and Democracy“ und „Free Enterprise – freies Unternehmertum“ beigebracht werden müssen. So lautet, grob formuliert, die Politik des alten britischen und des heutigen US-Imperiums. Wobei diese Regeln für die Imperien selbst natürlich nicht oder nur begrenzt gelten. Zollfragen sind Machtfragen.

In den 1980er Jahren begann allerdings der Siegeszug des Neoliberalismus. Eine der wichtigsten „Errungenschaften“ war der Abbau der internationalen Kapitalverkehrskontrollen. Das Kapital wandert seither auch international dorthin, wo die Arbeitskraft billig und die Profitrate hoch ist. Die Deindustrialisierung der alten Imperien begann. Der Anteil der Industrie am US-BIP liegt gerade noch bei etwa 10 Prozent. Statt auf die Stärke ihrer Industrie bauen die USA auf die Verschuldungsfähigkeit ihrer Währung. In dem beruhigenden Gefühl, dass die Notenbank „Federal Reserve“ die weltweit akzeptierte Reservewährung in praktisch unbegrenzter Menge „drucken“ kann.

Im Sommer 2007 brach diese Schuldenproduktion zusammen, die zuletzt mit einer gigantischen Immobilienspekulation am Leben erhalten worden war. Banken wurden gerettet, die „giftigen“, weil wertlosen Papiere wurden sozialisiert. Millionen Menschen verloren ihre Eigenheime, Arbeitsplätze, Lebensperspektive. Und zur „Lösung“ des Schuldenproblems „druckten“ die weltgrößten Notenbanken weiterhin Geld. In zweistelliger Billionenhöhe. Es ist nicht sonderlich schwer, hier ein Problem auszumachen.

Bislang hat noch keine US-Regierung eine Insolvenz hingelegt. Auch Donald Trump scheint da wenig ambitioniert. Hilfreich wäre es da, die Schuldenproduktion in den öffentlichen Kassen reduzieren. Dazu könnte man etwa die US-Kriegsmaschine verkleinern oder die Reichen zur Kasse bitten. Das ist natürlich irreal und daher fällt der Blick auf das Außenhandelsdefizit. Trump hat also angekündigt, die nationale Industrie wieder aufbauen zu wollen. Das kommt bei seinen Unterstützern, den zahlreichen Globalisierungsverlierern, gut an. Bei den Propagandisten des Finanzkapitals natürlich weniger. Normalerweise würden sie gegen jemanden, der so etwas vorschlägt, die US-Flotte mobilisieren oder die CIA. Dummerweise ist Trump aber der Oberbefehlshaber. Daher hat diese Entwicklung etwas Ungewöhnliches.

Wie oben erläutert, werden Schutzzölle von Entwicklungs- oder Schwellenländern verhängt, die ihre Industrialisierungsanstrengungen schützen wollen. Nun ist es das Imperium selbst, das seine Re-Industrialisierung absichern möchte. Das dürfte kein leichtes Unterfangen werden. Die Global Player, auch in den USA, haben sich an Produktionsbedingungen gewöhnt, bei denen ein T-Shirt für ein paar Cent zusammengenäht wird, wo Umweltschutz nicht zählt und es keine Sozialleistungen gibt. Die gesamte sozioökonomische Struktur des Imperiums hat den Export der Produktionsarbeit, der Arbeitslosigkeit, der Armut und der Umweltverschmutzung zur Voraussetzung. Nur so sind die gigantischen Profite der Reichen und Superreichen möglich. Und nur mit den asienimportgestützten Billigläden wie Walmart ist es für die rund 50 Millionen Armen in den USA möglich, sich überhaupt über Wasser zu halten.

Sollte es Trump tatsächlich ernst sein mit der Re-Industrialisierung des Imperiums, hätte er gute Chancen, als einer dieser ungeliebten Reformer eben jenes schmähliche Ende zu finden, das solchermaßen aus der Zeit Gefallenen in der Regel droht. Die Schlammschlacht gegen ihn wird schon mit bemerkenswerter Energie vorangetrieben.

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"Rettung der US-Industrie?", UZ vom 9. März 2018



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