Hamburger Gericht entscheidet über Volksbegehren

„Rettet den Volksentscheid“

Von Mirko Knoche

Das Recht, durch Volksentscheide politischen Einfluss zu nehmen, stößt in Hamburg erneut auf Hindernisse. Letzte Woche beriet das Verfassungsgericht über einen Antrag des Senats, ein Volksbegehren zu stoppen. Die Vorgeschichte: Die Initiatoren von „Rettet den Volksentscheid“ waren 2015 hellwach geworden, als die Bürgerschaft ein Referendum über die Olympia-Bewerbung der Hansestadt anberaumte. Es endete überraschend mit einer Ablehnung. Trotzdem blieb die Befürchtung, das Stadtparlament könne beliebige Themen aufgreifen, darüber aus eigener Machtfülle Abstimmungen abhalten und Volksentscheide mit gegenteiliger Ausrichtung unterlaufen. Mit einem eigenen Vorschlag will die Initiative die Gesetzgebung über den Volksentscheid erhalten.

Referenden des Parlaments sollen keinen Vorrang mehr haben, sondern gleichwertig mit Volksentscheiden von unten sein. Außerdem sollen Wahlrechtsänderungen durch einfacher eingeleitete Gegenabstimmungen vor Missbrauch geschützt und die Mindestbeteiligung für Volksentscheide von 20 auf 13 Prozent der Wahlberechtigten abgesenkt werden. Verfassungsänderungen sollen künftig nur noch nach Volksabstimmungen gültig sein. In einer ersten Stufe hatten rund 15 000 Hamburger bis September 2015 eine entsprechende Volksinitiative unterzeichnet.

Jetzt geht es vor Gericht um die Frage, ob das Volksbegehren „Rettet den Volksentscheid“ seinen eigenen Entwurf verfälscht hat. Die Initiatoren ließen nämlich ihren Gesetzestext nach Sammlung der 15 000 Unterschriften vom Senat überprüfen. Zunächst wurden die Einwände der Stadtregierung eingearbeitet. In einer zweiten Stufe sollten innerhalb von drei Wochen 65000 Unterschriften gesammelt werden, um die dritte Stufe, den Volksentscheid, einzuleiten. Der Senat behauptete dann aber, die von ihm selbst angeregten Änderungen hätten den Ursprungstext zu sehr verfälscht. Er rief das Verfassungsgericht an und ließ die Sammlung auf Eis legen.

„Rettet den Volksentscheid“ befürchtete deshalb in einer ersten Reaktion, „in eine Falle getappt“ zu sein. Als zumindest „ein bisschen tricky“ bezeichnete Initiator Manfred Brandt das Beratungsverfahren noch letzte Woche gegenüber der UZ. Er hält aber daran fest, dass der Senat nicht nur die Bürgerschaft, sondern auch die Volksinitiativen juristisch beraten muss. „Es darf kein Privileg des Parlaments sein, die Experten der Regierung zu befragen.“ Das Hamburgische Verfassungsgericht ließ in der Verhandlung am Mittwoch letzter Woche allerdings durchblicken, dass es die Veränderungen am Gesetzestext für unbedenklich hält. Die Initiative hatte nach eigenen Angaben nur Details angepasst.

Dafür bemängelten die Richter, dass zu viele verschiedene Forderungen in einem Volksbegehren zusammengefasst seien. „Das hat mich persönlich überrascht“, so Brandt zur UZ, „denn der Senat hat dieses Thema gar nicht in seiner Klage angeführt.“ Auch sei unklar, was es bedeute, wenn die einzelnen Forderungen auseinanderdividiert würden: „Müssen wir uns dann eine davon aussuchen? Oder legen das die Richter fest?“ Die Entscheidung darüber wird am 13. Oktober bekannt gegeben. Das Volksbegehren würde dann Mitte Dezember starten und Anfang Januar enden.

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"„Rettet den Volksentscheid“", UZ vom 2. September 2016



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