Zur Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen im Krieg

Resilienzfunk

Zieht die Bundesrepublik in den Krieg, erfüllen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verlässlich ihren Auftrag, die Heimatfront zu stabilisieren. Am vergangenen Samstag war daher einheitlich auf allen Kanälen zu hören, der „russische Angriffskrieg“ dauere nun zehn Jahre. Putsch von Faschisten und Nationalisten in Kiew? Hat es nie gegeben, also auch nie eine „antiterroristische Operation“ der Asow-Nazis gegen russischsprachige Ukrainer.

Wer ebenfalls am Samstag bei der Abschlussgala der Berlinale „Waffenstillstand jetzt“ im Gaza-Krieg forderte oder wie der palästinensische Preisträger Basel Adra sagte: „Es ist für mich sehr schwer zu feiern, wenn Zehntausende meines Volkes in Gaza gerade durch Israel abgeschlachtet werden“, der konnte sich am Montag in den ARD-„Tagesthemen“ vom Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) anhören: „Wir erleben Antisemitismus in seiner schlimmsten Form.“ Der Mann kennt sich eben aus.

Stabile Heimatfront heißt im neuesten Sound von Medien und willigen Helfern in den Hochschulen „Resilienz“. Wer über die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges reden will oder 75 Jahre Krieg, Besatzung und Apartheidpolitik durch den israelischen Siedlerkolonialismus, untergräbt die deutsche Widerstandsfähigkeit. „Kriegstüchtigkeit“ umfasst mehr als Aufrüstung und Waffenlieferungen an die Ostfront. Zu ihr gehört die Verbreitung eines klaren Feindbildes in der Bevölkerung: Hinter jeder Grippewelle und jedem Computerhack steckt die „hybride Bedrohung“, also der Russe, also Wladimir Putin persönlich.

In solcher Notlage kann sich der Rundfunk nicht hinterm „öffentlich-rechtlich“ verstecken, er hat Resilienzfunk zu sein. Das erledigen ARD, ZDF, „Deutschlandfunk“ und „Deutsche Welle“ zur Genugtuung der Regierenden hervorragend. Abweichendes kommt bei Wellmer, Zamperoni, Slomka, Sievers oder Miosga, Illner, Lanz nicht vor. Da die aber nicht aus dem „Sondervermögen Bundeswehr“ finanziert werden, wie es angebracht wäre, soll der zwangsweise erhobene Rundfunkbeitrag ab 1. Januar 2025 von monatlich 18,36 Euro auf 18,94 Euro steigen. Das schlug die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am 23. Februar den Bundesländern vor. Die wollen das aber hinauszögern, wie die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab am Dienstag in der FAZ mitteilte. Ein Fall von Hochverrat.

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"Resilienzfunk", UZ vom 1. März 2024



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