Wo CSU und freie Wähler um Stimmen buhlen, bleibt für die AfD kein Platz. Für alle anderen eh nicht

Rechtsum im Bierzelt

Kolumne

In Bayern ist Bierzelt-Zeit. Dort wird heuer wieder der Wahlkampf der großen etablierten Parteien CSU und Freie Wähler (FW) zelebriert. Am Rande steht die Konkurrenz aus Grünen, SPD und AfD. Während bei Wahlkampfveranstaltungen mit Kanzler Scholz am Münchner Marienplatz gähnende Leere herrscht, so dass der gepfiffene Protest der anwesenden Friedensfreunde die Szene beherrscht, wird in den Bierzelten zünftig gerauft – denn hier können sich „Spitzenpolitiker“ der mehrheitlichen Unterstützung der zahlenden Gäste sicher sein. Dagegen scheint es bei Bierzeltveranstaltungen der Grünen Partei zum Standard zu gehören, dass sie durch Konkurrenzveranstaltungen mit Lautsprechern übertönt werden, ihre Redner stundenlang abgeschirmt werden müssen oder sich, wie in Neu-Ulm, gar Steine werfende Gäste einschleusen.

Denn glaubt man den Reden und den Aufregern bei den Bierzeltveranstaltungen in Weiß-Blau, so scheint Bayern von den Grünen-Verbotspolitikern besetzt, wogegen wir einfachen Leute uns wehren müssen – natürlich protegiert von den Verbündeten CSU und FW im Kampf um die Rettung des Vaterlands. Ob bei der Energie- oder Sozialpolitik: Die Staatsregierung schafft es, sich als Opposition gegen die Bundesregierung zu inszenieren. Erst recht seit der Flugblattaffäre um FW-Chef Aiwanger, deren Kampagnencharakter den Zusammenhalt der Empörten und Entfremdeten noch einmal gestärkt hat. Die bayerische Regierung aus den Rechtsparteien CSU und Freie Wähler verfügt in allen Umfragen über eine parlamentarische Mehrheit.

Die Leistungslogik der „Macher“ in Gestalt einer „Mitte“, die ständig danach strebt, zu den besitzenden Gewinnern zu gehören und doch durchgängig darum bangen muss, in den Stand der Besitzlosen zu fallen, wird von jenen propagiert, die Politik für die Multis der bayerischen Wirtschaft machen. Im Buhlen um die, die Krise und Abstiegsängste mit der Wahl rechter Scharfmacher kompensieren, positioniert sich die Landespolitik der CSU gewohnt rechts. Rechts neben ihr darf keine Lücke gelassen werden.

„Vernunft statt Ideologie“ plakatiert die Regierungspartei. Ob beim Gillamoos in Niederbayern oder bei der Wies‘n-Eröffnung: Immer umringt von zig Kameras der großen Medienhäuser inszeniert sich Ministerpräsident Söder als Volkstribun. Gegen finanzielle Belastung für die „kleinen Leute“ und für die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer, gegen politische Gängelung durch moralische Konsumkritik und für „Ordnung“ und „Sicherheit“ im Inneren und „Kooperation statt Konfrontation“ in der Welt.

Die soziale Demagogie, mit der sich Rechte als Verbündete der arbeitenden Bevölkerung inszenieren, klingt immer gleich. Und so macht Söder auf Wagenknecht: Die „Hampel-Ampel“ ist die schlechteste Regierung. Nur dass es bei ihm statt mehr „Sozialstaat“ mehr bayerisches Laissez-faire bräuchte, Stichwort „Leben und leben lassen“. So volkstümlich gibt sich staatsmonopolistischer Filz: Fest im Sattel gegen die da oben. Gelenkte oder autoritäre Demokratie nennen Politologen diesen bonapartistischen Trick, zum Beispiel mit Blick auf Ungarn, der einer Täter-Opfer-Umkehrung gleicht und aus dem Regierungschef den Anführer der Opposition gegen die herrschenden Verhältnisse macht.

Dagegen sind die Bundesregierungsparteien Grüne und SPD keine Gefahr und für die Positionen der AfD ist kein Platz gelassen. Diese befindet sich zwar auf Linie des faschistischen Höcke-Flügels, fällt aber angesichts der Hetze von Söder und Aiwanger kaum auf. Für dringend notwendige Alternativen von Links bleibt da sowieso kein Platz. Denn an echter Opposition haben alle genannten Parteien und die großen Medienhäuser kein Interesse. Stattdessen buhlen sie alle darum Mehrheitsmacher für die CSU sein zu können.

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"Rechtsum im Bierzelt", UZ vom 29. September 2023



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