Der südkoreanische Präsident Moon Jae-in reagierte voller Leidenschaft auf die Begegnung des US-Präsidenten und des Vorsitzenden des Komitees für Staatsangelegenheiten der DVRK, das Gipfeltreffen sei ein historisches Ereignis, welches den letzten Kalten Krieg in der Welt auflöse. In einer Pressekonferenz sprach das Blaue Haus (der Regierungssitz des südkoreanischen Präsidenten) von der Möglichkeit, das bestehende Waffenstillstandsabkommens durch einen Friedensvertrag zu ersetzen.
Im Hinblick auf das Thema „Abzug der US-amerikanischen Truppen aus Südkorea“ äußerte es sich jedoch zurückhaltend, bei der Frage der Präsenz der US-Truppen handele es sich um die Frage des Bündnisses zwischen Südkorea und den USA und die Position beider Länder habe sich nicht geändert.
Als erstes konkretes Ergebnis der diplomatischen Annäherung zwischen Nordkorea und den USA kündigten die Verteidigungsministerien der USA und Südkoreas am 19. Juni an, gemeinsame Militärmanöver auszusetzen. Betroffen seien das im August geplante Manöver „Ulchi-Freedom Guardian“, dazu Übungen der koreanischen Marine.
Das historische Gipfeltreffen veränderte auch die innenpolitische Landschaft Südkoreas dramatisch. Die Annäherung zwischen Nordkorea und den USA trieb das rechtskonservative Lager zur Panik. Eine Situation, in der sie gegen den konservativen republikanischen Präsidenten der Vereinigten Staaten protestieren müssten, war bis dahin unvorstellbar.
Der Vorsitzende der rechtskonservativen Partei „Freies Korea“ verurteilte das Treffen, es sei lediglich die Absicht Kims durchgesetzt worden, dadurch sei für Südkorea die Gefahr einer Sicherheitskrise entstanden. Die rechtskonservative Zeitung „Chosun“ bezeichnete die Übereinkunft der beiden Führungen als Verrat.
Mehr als der Gipfel an sich führte die Ankündigung Trumps, die Militärmanöver aus Kostengründen unterbrechen zu wollen, zu Verwirrung im rechtskonservativen Lager. Denn die Militärmanöver haben nicht nur eine militärische, sondern auch eine hohe symbolische Bedeutung für die südkoreanisch-amerikanische Allianz. Die rechtskonservative Politikerin Na Kyung-won warnte, eine Aussetzung der Militärübung und die Möglichkeit des Abzuges der US-Truppen aus Südkorea löse eine Sicherheitskrise aus.
Die Angst des rechtskonservativen Lagers vor dem politischen Erdbeben wurde in den Regionalwahlen von 13. Juni zur Realität. Die Partei „Freies Korea“ erlebte bei den Wahlen eine historische Niederlage. Sie gewann nur in zwei von siebzehn Metropolen – ihr schlechtestes Ergebnis in der koreanischen Geschichte. Sie verlor sogar in den großen Städten Busan, Ulsan und in der Provinz Süd-Gyeongsang, die als die letzten konservativen Bastionen galten.
Das rechtskonservative Lager, das sich aus den Nachfolgern der ehemaligen Militärdiktatur zusammensetzt, war bisher auf die Unterstützung der Geheimdienste und der Propagandaapparate, unter anderem auf die Anti-Nordkorea-Doktrin angewiesen. Wie Rechtsextremisten in Europa die islamfeindliche Hetze als Propagandamittel ausnutzen, überlebten südkoreanische Rechtskonservative bisher mit Hilfe nordkoreafeindlicher Hetze. Nach der Annäherung zwischen Nordkorea und den USA verlor die Anti-Nordkorea-Doktrin jedoch an Boden. Das rechtskonservative Lager hat den Kompass verloren und ist nun orientierungslos.
Reaktionen der Industrieverbände auf den Gipfel verdeutlichen, warum die liberale Regierungspartei nach Entspannung auf der koreanischen Halbinsel strebt.
Einer Umfrage des Industrieverbands Südkoreas zufolge haben 51 Prozent der befragten Unternehmer die Absicht, in Nordkorea zu investieren. Sie interessieren sich unter anderem für die hohe Infrastrukturnachfrage Nordkoreas, billige Arbeitskräfte in Nordkorea sowie neue Transportrouten nach China und Eurasien. Als einen konkreten Schritt haben die Multi-Konzerne Samsung und Hyundai ein Task-Force-Team gebildet, um bessere Investitionschancen in Nordkorea zu schaffen. Außerdem haben große Banken und Investitionsfonds Informationsstellen eingerichtet, die die Investitionssituation in Nordkorea analysieren.
Nach dem Gipfeltreffen sind Aktienwerte der Bauunternehmen, der Stahlindustrie sowie von Unternehmen, die mit der Infrastruktur zusammenhängen, drastisch gestiegen. Diese Reaktionen entsprechen dem Streben der Liberalen Partei, die die Interessen der Wirtschaftselite vertritt und auf eine Erschließung der Märkte Nordkoreas und allmähliche Kapitalisierung des nordkoreanischen Wirtschaftssystems setzt.