AfD nutzt die „Desiderius-Erasmus-Stiftung“

Rechte Ideenschmiede

Von Nina Hager

Eigentlich lehnt die AfD parteinahe Stiftungen ab. Im 2016 beschlossenen Grundsatzprogramm wird erklärt, diese seien Teil der verdeckten, verfassungswidrigen Parteienfinanzierung im Land. Und trotzdem wurde auf dem Augsburger AfD-Parteitag vor nunmehr fast zwei Wochen beschlossen, die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) als parteinahe Stiftung anzuerkennen. Nach Ansicht einiger Delegierter hat die Partei damit nun ein Glaubwürdigkeitsproblem. Andere sehen den Beschluss als Durchbruch. Alice Weidel, Ko-Vorsitzende der Bundestagsfraktion, hatte schon im April die DES als „Ideenschmiede der AfD“ bezeichnet, die „wichtige Impulse für die politische Arbeit in unserem Land geben“ werde.

In der Führung der Partei hat man trotz einiger Kontroversen, auch um den Namen, längst erkannt, dass parteinahe Stiftungen der Bundestagsparteien durch die staatliche Finanzierung ganz andere Möglichkeiten bieten, die eigenen politische Positionen in der Öffentlichkeit zu verbreiten, der „Linksideologie“, den „Multikulti-“ und „Gender-Projekten“ etwas entgegenzusetzen: durch Veranstaltungen, vor allem über politische Bildungsarbeit sowie entsprechende Materialien, die in der Stiftung oder in ihrem Auftrag erarbeitet und verbreitet werden und auch in Schulen wie Universitäten landen. Stiftungen können Stipendien an Studenten und Doktoranden vergeben, die ihr Wissen – auch ihre Ideologie – dann anderen vermitteln. Das alles will auch die DES umsetzen. Allerdings wird es möglicherweise bis 2022 dauern, ehe sie Geld vom Bund erhält. Wenn die AfD erneut in den Bundestag einzieht.

Bis es Fördergelder gibt, wird man weiter möglichst viele Veranstaltungen durchführen, will aber auch „Wissenschaft“ und „Kunst“ fördern: Veranstaltungen wie jene im Dezember 2017 in Berlin mit dem Thema „Neue Medien, neue Öffentlichkeit – Chance für Konservative“. Dort sprach Dieter Stein, Chefredakteur der „Jungen Freiheit“. Oder jene im Juni. Ulrich Vosgerau, Privatdozent an der Universität zu Köln, referierte zum Thema „Grenzöffnung, Rechtsstaat und die Rolle des Bundestages – die Asylkrise vor dem Bundesverfassungsgericht“. Vosgerau hatte vor zwei Jahren behauptet, die Bundesregierung habe gegen das Grundgesetz verstoßen, als sie im Sommer 2015 Flüchtende aus Österreich über die Grenze ließ.

Die jetzige DES existiert seit Dezember 2016. Erster Vorsitzender wurde Konrad Adam, der dem rechtskonservativen Flügel der AfD zugerechnet wird. Anfang 2017 wurde er abgewählt. Ihm folgte Peter Boehringer, AfD-Bundestagsabgeordneter und derzeit Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Nach Bohringer folgte im März 2018 die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach. Diese war von 1990 bis 2017 Bundestagsabgeordnete für die CDU und von 1998 bis November 2014 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Ihren Austritt aus der CDU Anfang 2017 begründete sie mit der Politik der Bundeskanzlerin insbesondere in der Flüchtlingskrise. Steinbach ist bislang kein Mitglied der AfD.

„Bunt“ ist auch das Kuratorium der Stiftung zusammengesetzt. Zu den Kuratoren gehört zum Beispiel Angelika Barbe, DDR-„Oppositionelle“, Gründungsmitglied der Sozialdemokratischen Partei in der DDR, ab 1990 eine Wahlperiode SPD-Bundestagsabgeordnete. 1996 wurde sie CDU-Mitglied. Sie ist bei Pegida aktiv und war trotzdem bis zum Ruhestand in der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung Referentin für das Thema „Aufarbeitung SED-Diktatur“. Zum Kuratorium gehört auch Lothar Höbelt, österreichischer Historiker, ehemaliger Berater und Mitautor des FPÖ-Parteiprogramms von 1997. Als Historiker vertritt er geschichtsrevisionistische Positionen. Im Jahr 1999 verfasste er beispielsweise einen Beitrag zu einer Festschrift für den Holocaust-Leugner David Irving. Mitglied ist Karlheinz Weißmann, ein Vordenker, der unter anderem Mitgründer des neurechten Instituts für Staatspolitik ist, Kolumnist der „Jungen Freiheit“ und Herausgeber des Magazins „Cato“, 2017 als „Theorieorgan“ der Neuen Rechten gegründet. Mitglied ist Prof. Karl Albrecht Schachtschneider, Staatsrechtslehrer. Auch er ist politischer Aktivist der Neuen Rechten. Und das könnte man fortsetzen. Es zeigt, was von der Stiftung zu erwarten ist.

Mit Desiderius Erasmus, „Erasmus von Rotterdam“, hat das alles nichts zu tun. Dass dessen Name gewählt wurde, ist eine Unverschämtheit. Weder Stiftung noch AfD haben irgendetwas mit den Ideen des Renaissance-Denkers gemein. Der Theologe Erasmus von Rotterdam galt als einer der tolerantesten Denker seiner Zeit. Er warb stets für Vernunft und Besonnenheit. Genau darum aber geht es der AfD nicht.

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"Rechte Ideenschmiede", UZ vom 13. Juli 2018



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