Kann in internationalistischer Perspektive der jüngste „Erfolg“ Aserbaidschans in Gestalt der Auslöschung der armenischen Republik Artsakh als, wenn auch (aufgrund imperialistischer Interessen) nur vorläufiges „Ende eines Konflikts“ beschrieben werden, da mit dem militärischen Triumph der aserbaidschanischen Alijew-Diktatur „vorerst Ruhe in Bergkabarach“ eingekehrt sei? Selbstverständlich nicht! Unabhängig von den geopolitischen Aspekten der Konflikte im südlichen Kaukasus erscheint es uns als geboten, es als Unrecht anzuprangern, wenn den in Bergkarabach beheimateten Armeniern ihr Recht auf nationale Selbstbestimmung abgesprochen und nun in der Gesamtheit dieses Territoriums durch den militärischen Triumph des aserbaidschanischen Nationalchauvinismus verweigert wird.
Die französische KP hat in diesem Kontext 2019 die Forderung nach einer völkerrechtlichen Anerkennung der Republik Artsakh erhoben. Was in Gert Ewen Ungars Skizzierung des armenisch-aserbaidschanischen Konflikts überhaupt nicht auftaucht, ist, dass Aserbaidschan sich seit seiner Unabhängigkeit als antisowjetische Staatsgründung gegenüber Armenien keineswegs nur rhetorisch stets in die Tradition des jungtürkischen Genozids gestellt hat. Vernebelnd heißt es: „1988 kam es zu schweren Kämpfen.“ Tatsächlich waren die Armenier in eben diesem Jahr in Sumgait einem Pogrom ausgesetzt, das die Ausmaße des bereits damals sich vollziehenden antisozialistischen Staatsrückzugs offenlegte: Den Armeniern innerhalb der Grenzen der sowjetischen Teilrepublik Aserbaidschan wurde vor Augen geführt, dass „Moskau“ nicht mehr bereit und in der Lage war, sie vor Bestrebungen einer „ethnischen Säuberung“ zu schützen. Die Staatsgründung der Republik Artsakh war eine berechtigte Reaktion auf die aserbaidschanischen Genoziddrohungen.