Ein bisschen Verschwendung darf angesichts der Verantwortung für den Staat schon sein

RBB behält Kriegsauftrag

Kolumne

In Kriegszeiten steigen die Anforderungen ans Führungspersonal der öffentlich-rechtlichen Sender. Sie haben dafür zu sorgen, dass die Grundsätze ordentlich-imperialistischer Propaganda – wir sind die Guten und daher zu allem berechtigt, die anderen sind Feinde der Menschheit, lügen und verlieren den Krieg zudem täglich – ohne größere Ausreißer oder gar unfairen Hinweis auf Tatsachen vom journalistischen Fußvolk eingehalten werden. Wenn Intendanten von „ARD“, „ZDF“, „Deutschlandfunk“ oder „Deutscher Welle“ daraus das Recht auf übertarifliche Bezahlung herleiten, ist das angemessen und zudem mit Blick auf die Gesamtkosten des gegenwärtigen Feldzuges gegen Russland unerheblich.

Arnold Schoelzel 1 - RBB behält Kriegsauftrag - Fernsehen, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk - Positionen

Was sind die rund 350.000 Euro, die die frühere Intendantin des „ARD“-Zwergsenders „Radio Berlin-Brandenburg“ (RBB), Patricia Schlesinger, als Jahresgehalt in Anspruch nahm, gegen die 17 Milliarden, die laut Olaf Scholz bis 2027 für Waffenlieferungen nach Kiew geplant sind? Ein Almosen – auch im Vergleich zu den Millionen oder Milliarden Euro, die Friede Springer, Mathias Döpfner, Liz Mohn, die Familien Funke („WAZ,“ „Berliner Morgenpost“, „Hamburger Abendblatt“, alle Thüringer Regionalzeitungen), von Holtzbrinck („Zeit“, „Handelsblatt“, „Tagesspiegel“, Rowohlt, S. Fischer etc.) oder die anderen Besitzer großer Medien gewohnheitsmäßig einstreichen. Und das für die unermüdliche Bereitschaft, die Ideen der Herrschenden zu herrschenden Gedanken zu machen.

Niemand im „RBB“ oder in der „ARD“ hatte daher große Lust, den Vorwürfen gegen Schlesinger, sie habe einige private Beköstigungen als Dienstessen oder Lustreisen nach London und sonstwohin als dienstlich begründet abgerechnet, nachzugehen. Folgerichtig kam nun am 12. Juli die Meldung: Der Sender wirft die Münchner Anwaltskanzlei Lutz Abel, die alles aufklären sollte, hinaus. Die war ohne Ausschreibung vor einem Jahr beauftragt worden, hielt keinen vereinbarten Termin ein und legte schließlich am 30. Juni ein derart albernes, weil dünnes Resultat vor, dass selbst der zu allem bereite „RBB“-Verwaltungsrat ihr den Laufpass gab. Bis April belief sich die Rechnung von Lutz Abel an den „RBB“ auf 1,63 Millionen Euro.

Am Sonntag legte das Internetportal „Business Insider“ (BI), wegen dessen Recherchen Schlesinger am 4. August 2022 zurückgetreten war, nach und zählte auf: 13.411 Euro für Medienanwalt Christian Schertz, tätig vom 29. Juni 2022 bis 10. August 2022, Stundensatz 500 Euro; 260.000 Euro für eine Kanzlei, die den Rauswurf von Schlesingers Direktoren arbeitsrechtlich sichern sollte; 177.000 Euro für Strafrechtsexperten, die gegen Schlesinger ermitteln sollten. Laut „BI“ fehlen zwar noch neuere Rechnungen, aber es kommen schon jetzt mehr als zwei Millionen Anwaltskosten auf die Bezahler des Rundfunkbeitrags zu: „Nach Recherchen von ‚Business Insider‘ beschloss im März noch der alte Verwaltungsrat, im Rechtsstreit um die Pensionsansprüche der Ex-Intendantin selbst einen Betrag von 240.000 Euro geltend zu machen. Zuvor hatte der ‚RBB‘ bereits eine Widerklage über einen Betrag von 30.000 Euro eingereicht.“

Im Klartext: Der bisher vermutete von Schlesinger angerichtete Schaden für den Sender beläuft sich auf etwa ein Zehntel dessen, was bisher für Anwälte ausgegeben wurde. Angeblich ermitteln noch Generalstaatsanwalt und Rechnungshof. Immerhin: Die zukünftige „RBB“-Intendantin, die frühere stellvertretende Sprecherin der Merkel-Regierung Ulrike Demmer, muss sich mit 230.000 Euro Gehalt begnügen. Sie schaffte es Mitte Juni im vierten Wahlgang, weil dem Mitbewerber Jan Weyrauch, Programmdirektor von „Radio Bremen“, die Summe offenbar zu nahe an der Grundsicherung für Senioren war. Der Auftrag für Kriegspropaganda bleibt: Durchhalten, auch wenn’s mit 230.000 Euro Grundgehalt schwer fällt.

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"RBB behält Kriegsauftrag", UZ vom 21. Juli 2023



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