Bundeswehr wollte Whistleblower kaltstellen

Rauswurf vorerst gestoppt

Von Markus Bernhardt

Während es aktuell zu immer mehr Berichten über rechte und neofaschistische Netzwerke bei Polizeibehörden und Bundeswehr kommt, geht die Armee gegen Bedienstete vor, die auf das Treiben der Rechten aufmerksam machen. So auch im Fall des Unteroffiziers Patrick J., der zwischen 2016 und 2017 in einem Bundeswehr-Ausbildungszentrum in Pfullendorf beschäftigt war und dort eine Reihe von Verdachtsfällen dokumentiert und gemeldet hatte. So berichtete er über neofaschistische Tattoos oder Anhänger der sogenannten „Reichbürger“-Bewegung. Medienberichten zufolge soll der junge Mann die gesammelten Erkenntnisse in seinem „Berichtsentwurf zum Phänomenbereich Rechtsextremismus in der Bundeswehr“ auf 147 Seiten – verbunden mit 285 Fußnoten – festgehalten haben.

Während die etablierte Politik stets um Zivilcourage wirbt, ging die Bundeswehr nicht gegen die vermeintlichen Rechtsextremen in ihren Reihen vor, sondern holte zum Schlag gegen Patrick J. aus. Er sollte ursprünglich unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen werden. Dies wurde jedoch vom Bundesverteidigungsministerium gestoppt. J. fehle es an der „charakterlichen Eignung“, hatte es zuvor geheißen. Das Personalamt der Bundeswehr bescheinigte ihm gar, dass sich einige seiner Anschuldigungen als „übertrieben und haltlos erwiesen“ hätten.

Die unehrenhafte Entlassung des Whistleblowers Patrick J. aus der Bundeswehr ist vorerst gestoppt. Das Personalamt der Bundeswehr setzt laut Informationen des „Spiegels“ „den Vollzug“ der Entlassung „bis auf Weiteres aus“. Selbst Bundeskriegsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte schwere Haltungsprobleme in der Truppe ausgemacht. Geändert hat sich bisher trotzdem kaum etwas. Nach wie vor fühlen sich vor allem Reaktionäre und Personen mit einem Männlichkeitswahn von der Bundeswehr angezogen. Wo Waffen und Uniformen der Dreh- und Angelpunkt sind, sind extreme Rechte seit jeher nicht weit.

Kritik am geplanten Rausschmiss des Whistleblowers kam unterdessen von den Grünen. „Wir hatten bei solchen Vorfällen immer wieder das Problem, dass es nicht nur den Vorfall selbst gab, sondern auch den Umgang mit dem Vorfall, etwa Schweigespiralen oder keine richtigen Ermittlungen“, kommentierte deren Verteidigungsexperte Tobias Lindner die Vorfälle. „Wenn ein Soldat da etwas meldet – vielleicht auch mal etwas zu viel – sollte er eigentlich belobigt werden und nicht rausgeschmissen“, forderte er außerdem. Dass das Beispiel von Patrick J. Ansporn für seine Kameradinnen und Kameraden sein könnte, rechte Umtriebe zu melden, dürfte als ausgeschlossen gelten. Zu groß wäre der Verstoß gegen den unausgesprochenen Korpsgeist untereinander. Und umso größer dafür die Chance, Opfer von Repressalien durch übergeordnete Kommandostrukturen zu werden.

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"Rauswurf vorerst gestoppt", UZ vom 21. Juni 2019



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